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Ein Arzt in Hiroshima

Improvisiertes Lazarett ca. 4 km vom Hypozentrum in Nagasaki, Zeichnung: Hiroshi Matsuzoe, 14 Jahre (1945)

„Die überlebenden Ärzte von Hiroshima - die Ordinationsräume und Spitäler waren zerstört, die ärztlichen Behelfe verstreut, sie selbst in verschiedenem Ausmaß arbeitsunfähig - erklärten, weshalb so viele Bewohner ohne ärztliche Behandlung blieben und warum so viele umkamen, deren Leben hätte gerettet werden können. Von einhundertfünfzig Ärzten der Stadt waren fünfundsechzig tot, und die übrigen waren zum größten Teil verletzt.

Im größten Spital, dem des Roten Kreuzes, waren von dreißig Ärzten nur sechs diensttauglich, und von mehr als zweihundert Krankenschwestern nur zehn. Der einzige unverletzte Arzt war Dr. Sasaki. (...)
 
Dr. Sasaki arbeitete ohne Methode, nahm diejenigen, die in der Nähe waren, als erste vor und bemerkte bald, dass der Korridor immer voller wurde. Zwischen Abschürfungen und Risswunden, wie die meisten Patienten des Spitals sie erlitten hatten, fand er furchtbare Verbrennungen. Dann wurde ihm klar, dass die Verletzten von draußen hereinströmten. Es waren ihrer so viele, dass er die Leichtverwundeten zurückzustellen begann. Er begriff, dass er nicht mehr erhoffen durfte, als die Menschen vor dem Verbluten zu retten. Bald lagen oder kauerten die Patienten auf dem Fußboden der Krankensäle, der Laboratorien, der Korridore, auf den Treppen, in der Halle, in der Einfahrt, auf der Anfahrtsrampe und im Hof, und draußen auf der Strasse in allen Richtungen. Verwundete stützten Verstümmelte, ganze Familien von Verletzten lehnten beisammen. Viele erbrachen sich. (...)
 
In einer Stadt von zweihundertfünfundvierzigtausend Einwohnern waren an die hunderttausend Menschen mit einem einzigen Schlage getötet oder tödlich verwundet worden; weitere hunderttausend waren verletzt. Mindestens zehntausend Verletzte begaben sich in das größte Spital der Stadt, das einer solchen Invasion durchaus nicht gewachsen war - es hatte nur sechshundert Betten, die überdies sämtlich belegt waren.

Die Menschen in dem erstickenden Gedränge weinten und schrien nach Dr. Sasaki, und die weniger ernstlich Verwundeten kamen und zupften ihn am Ärmel und bettelten, er möge den schwerer Verletzten zu Hilfe kommen. Hin- und hergezerrt in seinen bestrumpften Füßen, verwirrt durch die große Menge, schwindlig beim Anblick so viel blutigen Fleisches, verlor Dr. Sasaki all seine berufliche Besinnung und hörte auf, als geschickter Chirurg und teilnehmender Mensch zu arbeiten. Er wurde zu einem Automaten, der mechanisch reinigte, einschmierte, verband. (...)“

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