China ist erst seit 1992 Mitglied des Atomwaffensperrvertrags (NVV). 45 Atomtests wurden von 1964 bis 1996 auf dem chinesischen Atomtestgelände in Lop Nor durchgeführt, davon 23 oberirdisch. Das Land ist voller Widersprüche: Es fordert zwar stets einen Vertrag zur Abschaffung aller Atomwaffen und unterhält bislang nur ein relativ kleines atomares Atomarsenal in Vergleich zu den USA und Russland, ist jedoch die einzige Nation unter den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats, die keine Angaben über die Anzahl ihrer Kernwaffen macht. China ist auch der einzige Atomwaffenstaat mit einer erklärten Politik des Nicht-Ersteinsatzes. Gleichzeitig erweitert China derzeit sein Arsenal. 1996 hat China den umfassenden Atomteststoppvertrag (CTBT) unterschrieben, jedoch nicht ratifiziert. Aktuell hat China den Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) nicht unterschrieben.
Im jetzigen Arsenal befinden sich laut SIPRI ca. 500 Atomwaffen, dafür stand laut Hans Kristensen und Matt Korda 72 seegestützte und 238 landgestützten ballistischen Raketen sowie 20 luftgestützten Atomraketen 2024 bereit (siehe Tabelle unten). Die genaue Gesamtzahl der Atomsprengköpfe im chinesischen Arsenal wird geheim gehalten.
China modernisiert seit Langem seine Atomstreitkräfte, angeblich als Reaktion auf die US-Raketenabwehrpläne, aber auch weil die Systeme veralten. Es entwickelte neue Interkontinentalraketen, die die USA erreichen können (über 11.000 km), um seine Langstreckenraketen (5.500+ Reichweite) zu ersetzen. Auch die Raketen und U-Boote für die chinesischen seegestützten Streitkräfte werden nach und nach durch bessere ersetzt. Es wird geschätzt, dass das Arsenal über die nächsten Jahre weiter ausgebaut wird, wenn die Atomwaffen, die jetzt entwickelt werden, betriebsbereit sind. Zudem hat China als Antwort auf das US-Raketenabwehrsystem im Pazifik seine landgestützten ICBMs mit mehreren Sprengköpfen ausgestattet. Diese sind auch MIRV-fähig, und könnten die US-Raketenabwehr durchdringen.
China verfügt über mehr als 240 landgestützte ballistische „Dong Feng“ (DF) Raketen, die je einem bis drei Atomsprengköpfe tragen können, 2021 kommen weitere 18 DF-41-Raketen mit 54 Atomsprengköpfe hinzu. Derzeit sind folgende Raketensysteme im Dienst:
Bei der DF-4 Rakete handelt es sich um eine zweistufige, flüssigkeitsangetriebene Langstreckenrakete mit einer Reichweite von ca. 5.500 km. Davon gibt es noch eine Brigade mit ca. 6 Raketen, die einen 3,3 MT-Sprengkopf tragen können. Sie sollte ursprünglich mit der neuen DF-31 ersetzt werden, jedoch sind nun beide Raketentypen im Dienst.
Die DF-5 Interkontinentalraketen mit einer Reichweite von ca. 13.000 km nutzen ebenfalls flüssigen Brennstoff. Die Zahl der einsatzbereiten DF-5 Raketen wird auf bis zu 20 Stück geschätzt, die 10 Sprengköpfe in den Versionen A und 50 Version B tragen können. Die „B“-Version ist MIRV-fähig. Eine dritte Version (C) befindet sich in Entwicklung und könnte noch 2020 fertiggestellt werden.
Die zweistufige DF-21-Mittelstreckenrakete besitzt einen Feststoffantrieb. Es gibt zwei atomwaffenfähige Versionen: DF-21A und 21E. Die DF-21 hat eine Reichweite von mehr als 2.100 km. Heute sind ca. 40 stationiert, die bis zu 40 Sprengköpfe tragen können.
Die landgestützten mobilen DF-26 Mittelstreckenraketen wurden 2017 stationiert und können aufgrund ihrer Reichweite von 4.000 km Ziele in Guam erreichen. Es gibt ca. 100 Raketen, davon sind 20 Atomwaffenträger, die anderen tragen konventionellen Sprengköpfe.
Die DF-31 ist eine feststoffgetriebene dreistufige Langstreckenrakete mit einer Reichweite von 7.200 km, die auf einer mobilen Abschussrampe montiert wird. Bisher wurden sechs stationiert. Sie ist für regionale Aufgaben (z. B. Russland, Indien und Guam) vorgesehen und kann das Kernland der Vereinigten Staaten nicht erreichen.
Von der Version DF-31A sind derzeit ca. 36 Exemplare stationiert. Sie haben eine interkontinentale Reichweite von 11.200 km, ansonsten ähneln ihre Eigenschaften denen der DF-31. Zudem wurde auf der Militärparade 2017 eine neue Rakete gezeigt: die DF-31AG. Hiervon sind auch 36 Raketen stationiert, sie haben die gleiche Reichweite wie das Model A.
In der letzten Entwicklungsphase befindet sich die Interkontinentalrakete DF-41, die MIRV-fähig ist und damit 3-12 Sprengköpfe tragen könnte. Allerdings vermutet man, dass einige Ablenk- und Penetrationskörper verwendet werden, um die US-Raketenabwehr durchdringen zu können, sodass die Zahl an tatsächlichen Atomsprengkörpern vielleicht nur bei drei liegen wird. Sie könnte eine Reichweite von 11.200 km erreichen.
Besonders problematisch ist, dass beim Ausbau des Arsenals an DF-21-Raketen sowohl nukleare (DF-21 und DF-21A) als auch konventionell bewaffnete Exemplare (DF-21C) stationiert wurden. Das gleiche gilt für die DF-26. Dies kann im Konfliktfall zu gefährlichen Missverständnissen führen.
Einen seiner seegestützten ballistischen „Ju Lang“ (Riesenwelle) Raketentypen hat China außer Betrieb gesetzt: die JL-1. Die JL-2-Raketen bleiben in Betrieb und werden auf vier ˗ vielleicht werden es künftig fünf ˗ Jin-U-Booten (Typ 094) stationiert. Es ist nicht bekannt, ob diese U-Boote jemals mit Atomwaffen auf See gefahren sind oder ob sie eventuell noch nicht zu solch einer Operation in der Lage sind. Zudem ist ihre Reichweite auf ca. 7.000 km begrenzt. Um also die USA zu erreichen, müssten sie sehr weit über den Pazifik fahren, was sehr riskant wäre.
Die chinesische Luftwaffe verfügt über ca. 20 strategische Mittelstreckenbomber vom Typ H-6 zum Einsatz von Atombomben. Die H-6 wurde wiederholt zum Abwurf von Testbomben eingesetzt. Im November 1976 wurde von einer H-6 Maschine eine Bombe mit einer Sprengkraft von 4 Megatonnen (MT) abgeworfen.
Viele sind besorgt darüber, dass China seine Raketenstreitkräfte mit großem Aufwand modernisiert. Diese „Modernisierung“ geht aber nur relativ langsam voran. Vorrangig wurde in letzter Zeit eine Reichweitensteigerung angestrebt, um die US-Raketenabwehr zu durchdringen. Seit 2006 kann China mit einer leistungsgesteigerten DF-31 Rakete mit geschätzter Reichweite von ca. 7.000 km nicht nur Russland, sondern erstmals auch die Gebiete um Hawaii und Alaska bedrohen. Der atomare Gefechtskopf erreicht eine Treffgenauigkeit (CEP) von 300-600 Meter. Die verbesserte DF-31A Rakete kann Ziele bis mehr als 11.000 km erreichen. Nun soll die DF-41 das US-Raketenabwehrsystem durchdringen und Ziele auf dem US-amerikanischen Festland ansteuern können. xh
Typ | Zahl der Träger | Jahr | Reichweite (km) | Sprengkopf/ -kraft (KT) | Zahl der Sprengköpfe | |
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Landgestützte ballistische Raketen | ||||||
Mittelstreckenraketen | ||||||
DF-21 A/E | ? | 2000, 2016 | 2.100+ | 1 x 200-300 | ? | |
DF-26 | 216 | 2016 | 4.000 | 1 x 200-300 | 108 | |
Interkontinentalraketen | ||||||
DF-5A | 6 | 1981 | 12.000 | 1 x 4.000-5.000 | 6 | |
DF-5B | 12 | 2015 | 13.000 | bis 5 x 200-300 | 60 | |
DF-5C | ? | (2024) | 13.000 | 1 x mulit-MT | ... | |
DF-27 | ? | (2026) | 5.000-8.000 | 1 x 200-300 | ... | |
DF-31 | ? | 2006 | 7.200 | 1 x 200-300 | ... | |
DF-31A | 24 | 2007 | 11.200 | 1 x 200-300 | 24 | |
DF-31A (silo) | ? | (2023) | 11.200 | 1 x 200-300 | ... | |
DF-31AG | 64 | 2018 | 11.200 | 1 x 200-300 | 64 | |
DF-41 (mobil) | 28 | 2020 | 12.000 | bis zu 3 x 200-300 | 84 | |
DF-41 (silo) | ? | (2025) | 12.000 | bis zu 3 x 200-300 | ... | |
Seegestützte ballistische Raketen | ||||||
JL-2 | 0 | (2016) | 7.000+ | 1 x 200-300 | 0 | |
JL-3 | 6/72 | 2022 | 9.000+ | Mehrfach | 72 | |
Flugzeuge | ||||||
H-6K | 10 | 1965/2009 | 3.100+ | 1 x Bombe | 10 | |
H-6N | 10 | 2020 | 3.100+ | 1 x ALBM | 10 | |
H-20 | ? | (2030) | ? | (Bombe/ALCM) | ... | |
Insgesamt | 442 | 438 (500) | ||||
Die nuklearfähige DF-21 wird im Bericht des US-Verteidigungsministeriums nicht mehr erwähnt und könnte bereits ausgemustert worden sein.
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Quelle: Kristensen, H. et al.: Chinese nuclear forces, 2024. In: Bulletin of the Atomic Scientists, 15.01.2024
Zwischen 1964 und 1996 führte die Volksrepublik China 45 Atombomben-Explosionen im westchinesischen Lop Nor durch.
Bearbeitungsstand: Dezember 2020
Insgesamt | 500 |
Einsatzbereit | 24 |
Reserve | 476 |
Quelle: SIPRI-Jahresbericht, 2024