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Indien | Pakistan

Wettrüsten in Südostasien setzt sich fort

20.08.2012

Ein gerade erschienener Bericht im Bulletin of Atomic Scientists enthüllt alarmierende Neuigkeiten über die Atomwaffenarsenale in Indien und Pakistan. So schreiten Indiens Bemühungen fort, eine Atomwaffentriade (zu Land, auf See und in der Luft) zu erlangen. Das Rückrat seiner atomaren Streitmacht ist bisher die Luftwaffe, die gerade modernisiert wird. So sollen etwa von Frankreich 126 Rafale-Kampfflugzeuge gekauft werden, die auch Atombomben tragen könnten. Auch an Atom-U-Booten und U-Boot-gestützten ballistischen Raketen arbeitet das Land, genau wie an neuen landgestützten Kurz- und Mittelstreckenraketen. Um all diese neuen Waffensystem bestücken zu können, wird immer mehr waffenfähiges Plutonium produziert und auch die Anlagen dies zu tun, sollen ausgebaut werden. Das nukleare Arsenal wurde laut Bulletin auf 80-100 Sprengköpfe ausgebaut.

Bereits im April testete Indien eine neue ballistische Langstreckenrakete, die Agni V. Bei dem Test soll sie eine Reichweite von circa 5000 km erreicht haben. Dies liegt zwar noch knapp unterhalb der Reichweite, ab der man von ballistischen Interkontinentalraketen spricht, würde aber ausreichen, um große Städte in China zu bedrohen. Gegen den mächtigen Nachbarn und dessen nukleares Arsenal soll sich das Abschreckungspotential dieser neuen Waffe wohl auch richten. Die Agni V würde, sobald sie einsatzbereit ist, wohl mit Atomsprengköpfen bestückt werden. Auch wenn China das potentielle Ziel einer Langstreckenwaffe wäre, fühlt sich Indiens Erzfeind Pakistan dennoch bedroht. Darum antwortete der Atomstaat, eine Woche nach dem indischen Test, mit eigenen Raketentests. Getestet wurde unter anderem die Shaheen-1A, eine ballistische Mittelstreckenrakete mit circa 1500 km Reichweite.

Auch sonst reagiert Pakistan zunehmend nervös auf diese Entwicklungen. Ihr Arsenal von etwa 90-110 Sprengköpfen wächst stetig. Auch sie bauen neue Reaktoren, sowie eine neue Wiederaufbereitungsanlage, um schneller waffenfähiges Plutonium produzieren zu können. Seit April verkündeten sie die Eröffnung eines neuen Marinehauptquartiers, wobei sie den Wunsch nach maritimen Atomwaffen andeuteten, sowie erfolgreiche Tests neuer, atomwaffenfähiger Marschflugkörper.

Diese Entwicklungen sind höchst bedenklich. Pakistan sieht sein Atomarsenal vor allem als Ausgleich der konventionellen Unterlegenheit gegenüber Indien. Wenn das Land sich atomar unterlegen fühlt, könnte dies eine unkontrollierte atomare Rüstungsspirale auslösen. Zudem würde dies höchst destabilisierend auf die Region wirken, zusätzlich zu Pakistans inneren Stabilitätsproblemen. Die Möglichkeit eines Atomkriegs, sei es durch Eskalation oder Missverständnisse, steigt mit der Zahl der Atomwaffen und Trägersysteme. Dieses Jahr erschien eine Studie der IPPNW, in der gezeigt wurde, dass ein regionaler Atomkrieg zwischen Indien und Pakistan weitreichende Auswirkungen auf Klima und Landwirtschaft hätte und die Nahrungsversorgung von einer Milliarde Menschen gefährden würde. jk (Quellen: Ploughshares, Nuclear Notebook 2012, Nuclear Notebook 2011, IPPNW: Nuclear Famine)






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