24.06.2022
Zwar sank weltweit die Zahl der Atomwaffen im vergangenen Jahr wieder, so berichtete das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI am 13. Juni 2022. Doch laut SIPRI befinden wir uns in einem atomaren Wettrüsten. Durch die technische Aufrüstung und eine Optimierung der Atomwaffen in allen Arsenalen fände eine Eskalation statt, die sehr gefährlich sei. Prognostiziert wird, dass auch die Zahl der Atomwaffen in den nächsten Jahren erneut steigen wird, zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges.
„Obwohl es im vergangenen Jahr einige bedeutende Fortschritte sowohl bei der nuklearen Rüstungskontrolle als auch bei der nuklearen Abrüstung gab, scheint das Risiko des Einsatzes von Atomwaffen jetzt höher als je zuvor“ sagte Dan Smith, Leiter des SIPRI-Instituts. Die guten Nachrichten sind: das Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags (AVV) im Januar 2021, die Verlängerung des bilateralen „New START“-Vertrags zwischen Russland und den USA und die Wiederaufnahme von Gesprächen über das Iranabkommen (JCPOA). Als positiv wird das Statement der fünf Atommächte zu Beginn dieses Jahres angesehen, dass ein Atomkrieg nicht zu gewinnen sei und daher nicht geführt werden dürfe. Aber trotz dieser Fortschritte wuchs die extreme Spannung zwischen Russland und USA mit über 90% der Atomwaffen weltweit in ihren Arsenalen. Hinzu kommt die scharfe nukleare Rhetorik, die im Kontext des Ukrainekrieges bis hin zu einer verkappten Drohung mit Atomwaffen durch Russland erfolgte.
Seit dem letzten SIPRI-Jahrbuch ist die Gesamtzahl der Atomwaffen um rund 300 gesunken. Allerdings sagt Hans Kristensen, der für das Jahrbuch die Daten zusammenstellt, dass diese die ohnehin ausrangierten Atomwaffen sind, die bereits für die Abrüstung vorgemerkt seien. Mehr als 3.700 Atomwaffen sind nach wie vor startbereit und es werden davon 2.000 in hoher Einsatzbereitschaft gehalten. Da sich diese Zahlen in den letzten Jahren kaum noch geändert haben, sind die atomwaffenfreien Staaten besorgt, dass die Abrüstungsverpflichtungen im Nichtverbreitungsvertrag (NVV) nicht mehr eingehalten werden. Im August 2022 findet die nächste NVV-Überprüfungskonferenz statt. Es ist davon auszugehen, dass das Fehlen von Abrüstungsfortschritten bemängelt wird.
Gleichzeitig wurde der neue UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen (AVV) zum ersten Mal von den 65 Vertragsstaaten vom 21. bis 23. Juni in Wien weiter entwickelt. Einige Staaten haben den Prozess beobachtet, darunter auch NATO-Staaten wie Norwegen und Deutschland. Auch die NATO-Antragssteller Schweden und Finnland waren dabei. Das niederländische Parlament stimmte am 16. Juni dafür, dass die Niederlande auch in Wien offiziell vertreten sein sollte. Diese Zusagen zeigen eine neue Bereitschaft, sich mit dem AVV auseinander zu setzen und mit den Vertreter*innen der Unterzeichnerstaaten über den Vertrag zu diskutieren. xh
Quellen:
SIPRI-Pressemitteilung 13.06.2022,
SIPRI-Jahrbuch 2021, Kapitel zu Atomwaffen
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