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Russland | CTBT

Teststoppvertrag: Russland zieht Ratifizierung zurück

27.10.2023

Russland hat sich dafür entschieden, die Ratifizierung des Atomteststoppvertrags von 1996 zurückzuziehen, um die Position der USA „widerzuspiegeln“. Kurz nach der Entscheidung des Föderationsrats hat das russische Militär eine Atomkriegsübung durchgeführt. Die Entscheidung wird von internationalen NGOs als ein Rückwärtsschritt wahrgenommen.

Im Oktober 2023 hat Russland die Ratifizierung des umfassenden Atomteststoppvertrags (CTBT) zurückgezogen. Das untere Haus, die Staatsduma, hat diesem Schritt bereits am 17. und 18. Oktober in mehreren Abstimmungen einstimmig zugestimmt. Am 25. Oktober hat das obere Haus, der Föderationsrat, der Entscheidung der Staatsduma ebenfalls einstimmig zugestimmt. Der Grund für Russlands Sinneswandel lässt sich in der Aussage des russischen Präsidenten Wladimir Putin vom 9. Oktober finden. Er erklärt, mit diesem Schritt die Position der USA zum Vertrag „widerspiegeln“ zu wollen.

Entgegen dieser Entwicklung plant Russland momentan weder den Vertrag ganz zu verlassen, noch Atomwaffentests durchzuführen, solange die USA dies ebenfalls unterlassen. Laut Wladimir Jermakow, einem Sprecher des Außenministeriums, werde Russland weiter mit der Organisation für die Überwachung des Atomteststopps (CTBTO) kooperieren und Teil des internationalen Überwachungssystems bleiben. Trotz dieser Zugeständnisse wird die Entscheidung Russlands als Rückschritt im internationalen Kampf gegen Atomwaffen und Atomwaffentests betrachtet. Insbesondere die Atomkriegsübung, in der laut dem russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu ein massiver nuklearer Gegenangriff geprobt worden ist, unterstreicht die Bewertung in der Zivilgesellschaft. Diese Art von Übungen werden von Russland zwar jeden Herbst durchgeführt, doch im Hinblick auf die aktuelle politische Situation hat die diesjährige Übung eine besonders negative Auswirkung. Zivilgesellschaftliche Organisationen, besonders Partnerorganisationen in der Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), sowie Staatsdelegierte im Ersten Ausschuss der UN-Vollversammlung äußern sich weltweit besorgt zu den Entwicklungen und erinnern an die Erfolge, die bisher durch internationale Kooperation erzielt werden konnten. Durch den Atomteststoppvertrag wurde in den letzten Jahren die Gesundheit von Menschen und die Umwelt stark geschützt, schrieb der Verein Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW). Vor dem Vertrag wurden durch mehr als 2000 Atomtests Mensch und Umwelt schwer belastet, weswegen eine Zurückentwicklung des Vertrags hohe Risiken mit sich ziehen würde.

Der CTBT wurde von der UN-Abrüstungskonferenz (CD) erarbeitet und am 10. September 1996 in New York von der UN-Generalversammlung in einer mehrheitlichen Abstimmung angenommen. Von da an konnten Staaten den Vertrag unterschreiben und ratifizieren. Der CTBT ist der erste internationale Vertrag, der Atomwaffentests umfassend auf der ganzen Welt und durch jede Partei verbietet, davor waren nur Atomtests in der Luft, unter Wasser oder im Weltraum verboten. Obwohl der Vertrag noch nicht offiziell in Kraft getreten ist, hat er eine starke Norm gegen Atomwaffentests geschaffen.  Seit 1996 wurden daher lediglich 10 Atomwaffentests durchgeführt, und nur Nordkorea hat dies im 21. Jahrhundert getan.

Wichtig ist für diese Diskussion zu wissen, dass es im Völkerrecht eine Unterscheidung zwischen dem Unterschreiben und dem Ratifizieren eines Vertrags gibt. Selbst durch das Unterschreiben eines Vertrages ist die Partei daran gebunden sich nicht gegensätzlich der Forderungen des Vertrags und sich in gutem Glauben zu verhalten. Dadurch, dass der Vertrag noch nicht in Kraft getreten ist, sind alle Staaten, welche den Vertrag unterschrieben oder ratifiziert haben, in einer ähnlichen Situation. Laut der UN haben 187 Staaten den Vertrag unterschrieben und 178 Staaten ratifiziert, allerdings haben für den Vertrag (nach Artikel XIV) als unerlässlich benannte Staaten wie USA, Israel, Iran und China den Vertrag lediglich unterschrieben und nicht ratifiziert, während Indien, Pakistan und Nordkorea den Vertrag noch nicht einmal unterschrieben haben. Russland hatte den Vertrag am 23. September 1996 unterschrieben und am 30. Juni 2000 ratifiziert. ls

Bearbeitungsstand: Oktober 2023

Im Wortlaut: Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen, 1996

Quellen:

Guardian/AP: Russia simulates nuclear strike after opting out of treaty, 25.10.2023

IPPNW, Ärztliche Friedensorganisation warnt vor neuen Atomtests, 19.10.2023

Reuters, Treaty shift doesn’t mean Russia plans nuclear tests – foreign ministry official, 16.10.2023

United Nations: Moscow May Revoke Ratification of Nuclear Test-Ban Treaty — ‘Patience Ran Out Waiting for Washington To Ratify’— Delegate Tells First Committee in Debate, 16.10.2023

CTBTO: Ending Nuclear Tests, 2023

UNIS: Völkerrecht verstehen, Sep 2008
 

 

 

 

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