01.07.2021
Im Jahr 2020 wurden insgesamt 72,6 Milliarden US-Dollar für den Ausbau der Atomwaffenarsenale ausgegeben. Die kürzlich veröffentlichte ICAN-Studie “Complicit: 2020 Global Nuclear Weapons Spending” verweist dabei auf einen zwielichtigen Kreislauf von Investitionen, die im Zusammenhang mit Atomwaffen stehen.
Trotz der anhaltenden Pandemie und dem Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrages stiegen die Ausgaben in Atomwaffen im Jahr 2020 um 1,4 Milliarden US-Dollar im Vergleich zum Vorjahr. Laut ICAN-Studie flossen 137.666 US-Dollar pro Minute in Atomwaffengeschäfte. Die mit Abstand höchsten Ausgaben hatten die USA mit 37,4 Milliarden US-Dollar. China folgt mit 10,1 Milliarden US-Dollar, gefolgt von Russland mit rund 8 Milliarden US-Dollar. Großbritannien ($ 6,2 Mrd.), Frankreich ($5,7 Mrd.), Israel ($ 1,1 Mrd.), Indien ($ 2,48 Mrd.) und Pakistan ($ 1 Mrd.) verzeichnen ebenfalls Investitionen in Milliardenhöhe. Schlusslicht bildet Nordkorea mit schätzungsweise 667 Millionen US-Dollar für den Ausbau des Atomwaffenarsenals.
Die für Atomwaffengeschäfte ausgegebenen 72,6 Milliarden US-Dollar zirkulieren in einem fragwürdigen Kreislauf, so ICAN. Der Austausch von Geld und Einfluss, der von Ländern über Unternehmen bis hin zu Lobbyisten und „Think Tanks“ fließt, sei intransparent. Der ICAN-Report benennt die involvierten Unternehmen und Denkfabriken, die von den Investitionen profitieren. Deutlich sichtbar werden die primär wirtschaftlichen Interessen der Atomwaffenlobby.
Nicht die Frage der Sicherheit stehe bei den Investitionen im Vordergrund, sondern der wirtschaftliche Machtkampf der nuklear bewaffneten Staaten. Anhand tausender Verträge, Jahresberichte und Lobbyregister belegt die Studie, dass ein Dutzend Firmen 27,7 Milliarden US-Dollar für den Abschluss neuer Verträge bekommen haben, die in Zusammenhang mit dem Ausbau von Atomwaffen gebracht werden können. Diese Firmen hätten wiederum 117 Millionen US-Dollar dazu verwendet, Lobbyisten dafür zu gewinnen, Entscheidungstragende zu Steigerungen der Militärausgaben zu animieren. Für jeden Dollar, der für Lobbyarbeit ausgegeben wurde, kamen durchschnittlich 236 US-Dollar an Geld für Atomwaffenverträge zurück, laut Studie.
Des Weiteren seien 10 Millionen US-Dollar in die Unterstützung von Denkfabriken geflossen, die über Atomwaffenpolitik forschen und schreiben. Mindestens zwölf große Think Tanks, die zu Atomwaffen in Indien, Frankreich, Großbritannien und den USA publizieren, erhielten zusammen zwischen fünf und zehn Millionen Dollar von Unternehmen, die Atomwaffenbestandteile produzieren. Die CEOs von diesen Konzernen üben Einfluss in den Beiräten der Think Tanks aus und sind als Partner auf deren Websites aufgeführt.
Alle Personen und Organisationen in diesem Kreislauf sind mitschuldig an der Bedrohung unserer gemeinsamen Lebensgrundlage, so ICAN. Im Zusammenhang mit den Investitionen in Atomwaffen stehe die Verschwendung von Ressourcen und öffentlichen Geldern, welche beispielsweise in der aktuellen Pandemie lebenswichtig für die menschliche Gesundheit und Sicherheit seien. ICAN und die IPPNW verurteilen die Verschwendung von staatlichen Geldern zu Gunsten der Rüstungswirtschaft auf das Schärfste. „In Zeiten einer globalen Pandemie so unvorstellbar viel Geld in Massenvernichtungswaffen zu investieren, ist aus ärztlicher Sicht absolut unbegreiflich“, kritisiert Angelika Claußen, Vorsitzende der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW. „Die Milliarden in den Ausbau der Atomwaffenarsenale töten schon jetzt, vor allem im globalen Süden, wo der Covid-19 Impfstoff für Milliarden von Menschen fehlt.“ Das Geld sei besser im Gesundheitssystem und für die Unterstützung anderer Staaten investiert.
Die Atomwaffenstaaten geben enorme Geldsummen für Massenvernichtungswaffen aus, während die Unterstützung für die gänzliche Abschaffung von Atomwaffen weltweit wächst. „Indem sich Unternehmen, Lobbyisten und Think Tanks am Kreislauf der Atomwaffengeschäfte beteiligen, machen sie sich mitschuldig und verdienen es für ihre Rolle der Manifestierung einer Welt mit mehr als 13.000 lebensbedrohenden Waffen zur Rechenschaft gezogen zu werden,“ so das Fazit von ICAN. lyp
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