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Fenster der Verwundbarkeit

engl.: window of vulnerability

„Fenster der Verwundbarkeit“ ist ein militärstrategischer Ausdruck. Es entsteht, wenn ein Verteidigungssystem vorübergehend unzureichend ist und dem Gegner eine erfolgversprechende Angriffsmöglichkeit eröffnet. In Verbindung mit Nuklearwaffen gab es wiederholt Phasen, in denen das Fenster der Verwundbarkeit geöffnet war. Erstmalig trat diese Situation bereits Ende der 1940er Jahre ein, als die USA gegenüber der Sowjetunion über einsatzfähige Nuklearwaffensysteme verfügten. Die Sowjetunion schloss diese Lücke, indem sie eigene Nuklearwaffen entwickelte.

In den folgenden Jahrzehnten kam es für beide Supermächte darauf an, ein nukleares Gleichgewicht sicherzustellen, auch bekannt unter dem Begriff „Gleichgewicht des Schreckens“. Beide Seiten verfügten zu diesem Zweck über umfassende Erst- und Zweitschlagkapazitäten. Die Argumentation lautete etwa folgendermaßen: Die beiden Parteien werden sich nicht angreifen, denn in diesem Falle hätte der Angegriffene immer noch genügend verbleibende Kernwaffen, um zu einem flächendeckenden Gegenschlag auszuholen. Folglich würde der Angreifer gleichzeitig sein eigenes Todesurteil unterschreiben. Man spekulierte, den Frieden auf diese Weise zu sichern und einen Atomkrieg verhindern zu können.

Es gab wiederholt Versuche, das Fenster der Verwundbarkeit zu öffnen. Besonders kritische Situationen entstanden während der Kubakrise 1962 und in der Zeit der sogenannten Nachrüstung Anfang der 1980er Jahre.

Während der sogenannten Kubakrise im Herbst 1962 versuchte die Sowjetunion durch die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen auf Kuba die Zweitschlagfähigkeit der USA zu unterlaufen und damit das atomare Patt zu ihren Gunsten aufzuheben. Der damalige US Präsident Kennedy verfügte eine totale Blockade der Insel Kuba, wodurch der Raketennachschub aus der Sowjetunion unterbunden wurde und die Sowjets sich gezwungen sahen, bereits stationierte Raketen wieder abzuziehen.

Zu Beginn der 1980er Jahre stationierte die Sowjetunion atomare Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 in den Warschauer Pakt Staaten, wodurch sich die NATO-Verbündeten in Europa bedroht fühlten. Sie reagierten mit dem sogenannten NATO Doppelbeschluss und beschlossen als Gegenmaßnahme Pershing-II-Raketen und Marschflugkörper (Cruise Missiles) in Europa, vornehmlich in Deutschland zu stationieren. Im  INF-Vertrag von 1987 verpflichteten sich die Vertragspartner Sowjetunion und USA, sowohl die SS-20 als auch die Pershing-II-Raketen und Marschflugkörper (Cruise Missiles) vollständig abzurüsten. (LL)
Bearbeitungsstand: April 2013

siehe auch: Gleichgewicht des Schreckens
siehe auch: Kubakrise
siehe auch: NATO-Doppelbeschluss
siehe auch: INF-Vertrag

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