Atomwaffen A-Z

Joe-1

1. sowjetischer Atomtest, 29. August 1949

Vier Jahre nach dem Atomwaffeneinsatz der USA über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki, führte die UdSSR am 29.08.1949 in Semipalatinsk ihren ersten Atomtest durch. Offizieller Name der Bombe war die Abkürzung RDS-1, weshalb sie in Russland häufig auch „Russland macht’s selbst“ (Rossiya delayet eto sama) oder „Stalins Düsentriebwerk“ (Reaktivnyi Dvigatel Stalina) genannt wurde. Die USA bezeichneten die Bombe als „Joe-1“ bzw.  „First Lightning“.

Aufgrund des Zugzwangs, unter dem die UdSSR 1945 nach den Atomwaffeneinsätzen der USA stand, entwickelte sich das sowjetische Atomprogramm extrem schnell. Die Daten über das Manhattan-Projekt und den Aufbau der Fat Man, die durch sowjetische Spione aufgezeichnet wurden, verschafften der UdSSR in ihrem eigenen Atomprogramm einen großen Vorteil. Wie der Physiker und Mitarbeiter des Programms, Juli Borissowitsch Chariton später bestätigte, war das vorrangige Ziel, so schnell wie möglich ebenfalls in den Besitz einer Atomwaffe zu kommen. An effektiveren, „eigenen“ Bomben sollte im Laufe der darauffolgenden Jahre gearbeitet werden. Unter dem Physiker Igor Kurtschatow, der auch als der Vater des sowjetischen Atombombenprogramms gilt, baute die UdSSR daraufhin innerhalb von 4 Jahren „ihre“ Atombombe, deren Konstruktion und Aufbau jedoch ziemlich exakt der „Fat Man“ (die Nagasaki-Bombe) entsprachen. Es handelte sich ebenfalls um eine plutonium-basierte Kernwaffe, mit einer Sprengkraft von 22 KT.

Um die zerstörerische Wirkung und die Reichweite der Bombe genau zu analysieren, wurden Holz- und Backsteingebäude, Brücken und simulierte U-Bahn-Schächte auf dem Testgelände errichtet. Darüber hinaus wurden 50 Flugzeuge, Rüstung und 1.500 lebende Tiere auf das Gelände gebracht, um die Auswirkungen darauf ebenfalls zu testen. Der Blitz und die Druckwelle der Explosion wurden in einem Umkreis von bis zu 80km gemessen und der radioaktive Fallout verseuchte vor allem die Region Altai Krai nordöstlich des Atomtestgeländes.

Sowohl der Atombombentest, als auch das gesamte sowjetische Atomprogramm standen unter höchster Geheimhaltung, gegenüber den anderen Staaten und gegenüber der sowjetischen Bevölkerung. Es gelang jedoch der USA, den Test durch die radioaktive Freisetzung aufzuspüren. Am 23.09.1949 kündigte der US-amerikanische Präsident Truman offiziell an, dass in der UdSSR in den vergangenen Wochen ein Atomtest stattgefunden habe und die Atomwaffen-Monopolstellung der USA somit beendet sei. Bereits einen Tag später bestätigte die sowjetische Regierung diese Angaben. Das atomare Wettrüsten hatte begonnen. Am Ende des Kalten Krieges hatten die USA 1.032 und die UdSSR 715 Atomtests durchgeführt. 456 der sowjetischen Tests fanden auf dem Testgelände Semipalatinsk statt. kk (Quellen: The National Security Archive, RIANOVOSTI, nuclear weapon archive, CTBTO)

Bearbeitungsstand: August 2019

Bild oben: Explosion RDS-1. Foto: Britannica, gemeinfrei

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