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Kola-Halbinsel

Der nukleare Rüstungswettlauf der vergangenen 60 Jahre hat kaum einen anderen Landstrich so schwer gezeichnet wie die Kola-Halbinsel in Nordrussland. In den Buchten an der polaren Barentssee lagen die Atom-U-Boote der früher sowjetischen und jetzt russischen Nordflotte. Die Werft Sewmasch in Sewerodwinsk am Weißen Meer produzierte ein atomgetriebenes Kriegsschiff nach dem anderen. Viele davon endeten als Strahlenmüll auf Russlands Kola-Halbinsel. Abrüstung und Entsorgung wurden auf später verschoben.
Im Jahr 2000 zeigte der Untergang des Atom-U-Bootes »Kursk« mit 118 Toten, unter welch bitterarmen Bedingungen der aktive Teil der Nordflotte arbeitet. Noch ärmer ist der ausrangierte Flottenteil dran: Dutzende U-Boote, alle noch mit Reaktoren an Bord, dümpeln im Meerwasser und rosten. Tausende Tonnen strahlenverseuchter Schrott, fester und flüssiger Atommüll gefährden Menschen und die sensible nördliche Natur.

Erst langsam und mit massiver ausländischer Hilfe geht Russland die Jahrhundertaufgabe an, die Gefahr zu bändigen. »10 plus 10 in 10« lautet die Formel, mit der Moskau 2002 Hilfe zugesagt wurde: Die USA wollen in zehn Jahren zehn Milliarden Dollar aufbringen, die übrigen sieben G8-Mitglieder einschließlich Russlands noch einmal soviel, um die nuklearen Altlasten zu beseitigen. Ein Großteil des Geldes muss für die Kola-Halbinsel verwendet werden. Auch die skandinavischen Nachbarn Norwegen und Schweden helfen mit.

»Im Rüstungswettlauf vor 40, 45 Jahren wurde die Atomindustrie auf der Kola-Halbinsel konzentriert«, sagt Sergej Schaworonkin, Büroleiter der norwegisch-russischen Umweltschutzorganisation Bellona in Murmansk. Bellona bemüht sich seit Jahren um Aufklärung über die nukleare Gefahr auf der Halbinsel. Ein besonderes Problem, das mit ausgebrannten Kernbrennstoffen voll gestopfte Versorgungsschiff »Lepse«, liegt dicht an der 430 000 Einwohner zählenden Stadt Murmansk. Andere Gefahrenzonen sind das Brennstofflager in der Andrejewa-Bucht, die U-Boot-Friedhöfe in Gremicha und der Saida-Bucht.
Allein in der Saida-Bucht waren nach Angaben der russischen Atombehörde Ende 2003 etwa 50 U-Boot-Rümpfe oder Reaktorsektionen zerschnittener U-Boote vertäut. (Quelle: FRIEDEMANN KOHLER, FR, 11.7.2005)

Bearbeitungsstand: März 2008

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