Atomwaffen A-Z

Kornwestheim

ehem. Atomwaffenstandort, Deutschland

Im Rahmen der großräumigen Luftverteidigung Europas während der Zeit des Kalten Krieges waren auch die US-Streitkräfte an dem quer durch Deutschland verlaufenden Nike-Herkules Flugabwehrgürtel mit insgesamt sechs in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz stationierten Bataillonen beteiligt. Das 3th Missile Battailon, 71th US Artillery Group verfügte über atomare Feuerstellungen in den Standorten Kornwestheim, Sachsenheim, Kleingartach und Wurmberg.

Die Nike-Feuerstellung (Launching Area) Kornwestheim (48°51’43“N, 09°13’36“O)  lag auf dem Gelände des Militärflugplatzes Pattonville unmittelbar östlich der Stadt. Die dort stationierte A-Battery, 3thMissile Battailon, 71th US Artillery Group bestand aus drei getrennten Bereichen: der Unterkunft, dem Feuerleitbereich in günstiger topografischer Lage mit bis zu 5 Radargeräten für Überwachung, Zielerfassung, Zielverfolgung und Flugkörperverfolgung und dem Abschussbereich mit jeweils 3 Abschussflächen und dazugehörigen Bunkern. In diesem Bereich befanden sich auch die Atomsprengköpfe.

In der Stellung Kornwestheim waren bis 1983 atomare Flugabwehrraketen vom Typ Nike stationiert. An Atomsprengköpfen waren zwei Versionen verfügbar. Die kleinere mit der Bezeichnung B-XS hatte eine Sprengkraft von 2 Kilotonnen. Die größere B-XL besaß ursprünglich 40 KT Sprengkraft. Letztere wurden in den 1970er Jahren gegen Sprengköpfe zu 20 KT ausgetauscht. Maximal waren je Stellung zehn Nuklear-Sprengköpfe vorhanden, acht mit der Stärke XS mit 2 Kilotonnen und zwei XL mit 40/20 Kilotonnen Sprengkraft. Das Waffensystem diente zur konventionellen Bekämpfung östlicher Bomberflotten in großer Höhe. Zusätzlich hätte es im Ernstfall Bodentruppen des Warschauer Paktes mit Nuklearsprengköpfen – auf westdeutschem Territorium – angegriffen.

Heute sind noch Reste der Startplattformen vorhanden, im Wiesengrund befinden sich noch Stromkabel. (LL)

(Quellen: Jürgen Dreifke, Michael Juhls, Rolf Meyer)


In den Jahren 1969/1970 erfolgte die Verlegung von Atomminen aus den Depots nahe der Grenze zur DDR und zur Tschechoslowakei in den weiter westlich gelegenen amerikanischen Verantwortungsbereich. Dabei handelte es sich um mehr als 200 ADMs, die bis zu ihrem entgültigen Abzug in die USA (bis 1984) auf dem Militärflugplatz Kornwestheim, in Aschaffenburg, Darmstadt-Breitefeld, Dexheim, Hanau, Eschborn, Ettlingen und Wildflecken eingelagert wurden (Bald, Politik der Verantwortung, S. 121). Über die genauen Stückzahlen sind bis heute keine Daten zugänglich.

Weitere Informationen über Atomwaffenstandorte in Deutschland

Siehe auch: Atomminengürtel
siehe auch: Nike Herkules
siehe auch: KT(Kilotonne)

Bearbeitungsstand: November 2023

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