Atomwaffen A-Z

Atomwaffenstandorte in der Bundesrepublik Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland gab es erstmals ab Herbst 1953 mit der Stationierung der „Atom-Annie“ US-amerikanische Atomwaffen. Diese wurden in Sondermunitionslagern (Special Ammunition Storage (SAS)) eingelagert. Während der Hochzeit des Kalten Krieges lagerten Atomwaffen an mehr als 150 Standorten über die gesamte Bundesrepublik verteilt, mit Ausnahme von West Berlin.

Die nukleare Munition war für die unterschiedlichsten Waffensysteme vorgesehen, zum Beispiel für Rohr- und Raketenartillerie, Flugabwehrraketen, Jagdbomber, Cruise Missile und vorübergehend auch für Atomminen (ADM). Mit dem Ende des Kalten Krieges begann ab 1990 eine massive Reduzierung der atomaren Waffensysteme und Munitionsbestände. Heute befinden sich nur noch ca. 10-20 Wasserstoffbomben auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel.

Der Atomwaffennachschub in Westeuropa stand unter Kontrolle der 59. (US) Ordnance Brigade mit Hauptquartier in Pirmasens. Allein für die Artilleriemunition unterhielt das US-Heer in der Bundesrepublik vermutlich 13 Atomwaffenlager. Das wichtigste und größte Depot war Miesau (Ramstein air base). Von hier aus erfolgte die Verteilung an die Korpslager. Hinzu kamen Sondermunitionslager für Pershing-, Sergeant- (später Lance-) Raketen und bis in die 1980er Jahre für die Nike-Hercules-Raketen. Darüber hinaus gab es verteilt über ganz Deutschland kleinere Depots die nur aus einem bis drei Bunkern bestanden, in denen zum Beispiel die atomare Munition für die Heeresdivisionen eingelagert war.

DDR

Auch in der ehemaligen DDR gab es Atomwaffenlager (dort Kernwaffenlager genannt). Die Sowjetunion begann ab 1958 im Rahmen der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) Kernwaffen und Trägersysteme auf dem Boden der DDR zu stationieren. Aus den verfügbaren Quellen ist ersichtlich, dass vermutlich insgesamt 31 Kernwaffenlager eingerichtet wurden. Diese Lager standen ausschließlich unter sowjetischer Kontrolle. Allerdings wurden ab 1963 auch Verbände der Nationalen Volksarmee mit atomwaffenfähigen Trägersystemen ausgerüstet, woraus auf eine begrenzte Zusammenarbeit im atomaren Bereich geschlossen werden kann.

Soweit bekannt, war die Masse der eingelagerten atomare Munition zum Einsatz für Boden-Boden-Raketen mit unterschiedlichen Reichweiten von 32-400 km vorgesehen. Vermutlich handelte es sich dabei um über 500 Kernwaffen der Größenklasse 3-500 Kilotonnen. Aber auch die in der ehemaligen DDR stationierte sowjetische Luftwaffe verfügte über atomare Fliegerbomben verschiedenen Typs mit einer maximalen Sprengkraft bis zu 1 MT. Nach dem Ende des Kalten Krieges verließen die letzten russischen Atomsprengköpfe im Juni 1991 deutschen Boden.

Liste der ehemaligen Atomwaffenstandorte in Deutschland

Liste der ehem. Atomwaffenstandorte in Deutschland

BRDDDR
AhlhornAltenburg-Nobitz
AlbachBischofswerda
Alten-BusekBrand
Arsbeck-WegbergFinsterwalde
AschaffenburgFalkenberg an der Elster
Bad KissingenFinsterwalde
Baden-SöllingegGroß Dölln
BalesfeldGroßenhain
BaumholderKöthen
BedburgLärz
BellersdorfLychen II (Himmelpfort)
Bimbach-GroßenlüderMerseburg
BitburgNeurüppin
BlankenheimNeuthymen
BorgholzhausenParching
BöttingenRibnitz-Damgarten
BrimmingenStolzenhain
BrüggenVogelsang
Büchel (weiterhin aktiver Standort?Waren
BüeckeWerneuchen
BürenWittstock
Burbach 
Crailsheim 
Dallau 
Datteln 
Delmenhorst-Adelheide 
Dexheim 
Diepholz 
Diersfordt 
Donaueschingen-Weisswald 
Dornum 

 

 

Lokalisierung der Standorte

Link zur Standortkarte bei Geschichte der NATODie Lokalisierung der ehemaligen atomaren Lagerorte gestaltet sich unterschiedlich schwierig. In der alten Bundesrepublik ist der Großteil der Sonderwaffenlager wegen ihrer speziellen Bauweise gut im Luftbild zu erkennen. Lediglich bei den Stellungen für die Flugabwehrrakete Nike-Herkules ließ sich noch nicht in allen Fällen klären, ob atomare Munition vor Ort verfügbar war. Ungeklärt sind zurzeit auch noch die grenznahen Lagerstätten für die Atomminen.

In der ehemaligen DDR ist die Situation schwieriger, weil die Sowjetunion die Kernwaffenmunition teilweise unterirdisch in Bunkern eingelagert hatte und darüber hinaus offensichtlich auch Scheinlager zur Täuschung der NATO-Satellitenaufklärung angelegt wurden. Hinzu kommen unterschiedliche Aussagen der wenigen Zeitzeugen. Schriftliche Quellen von Seiten der Sowjetunion sind nicht verfügbar.

Zu der Frage, welche atomare Munition zu welcher Zeit mit welchen Sprengwerten in welchen Lagerstätten eingelagert war, sind sowohl in der alten Bundesrepublik als auch in der ehemaligen DDR noch viele Antworten offen. (LL)

Bearbeitungsstand: Juli 2021

Literaturhinweise

Bald D: Die Atombewaffnung der Bundeswehr Militär, Öffentlichkeit und Politik in der Ära Adenauer: Militär, Öffentlichkeit und Politik in der Ära Adenauer, Temmen, 1994

Nielsen H: Die DDR und die Kernwaffen. Die nukleare Rolle der Nationalen Volksarmee im Warschauer Pakt, Baden-Baden, Nomos Verlagsgesellschaft 1998

Schmidt M: Die DDR als nuklearer Raketenstandort während des "Kalten Krieges", Grin, 2010

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