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Laarbruch-Weeze

ehem. Atomwaffenstandort Deutschland (Brit.)

Das ehemalige Sondermunitionslager Laarbruch-Weeze (51°36'19“N, 06°08'47“O) lag auf dem Gelände der gleichnamigen Air Base ca. 8 km südlich der Stadt Goch in Nordrhein-Westfalen. Laarbruch war einer von vier britischen Royal Air Force (RAF)-Standorten nahe der niederländischen Grenze. Die anderen waren: Brüggen, Wildenrath und Geilenkirchen. Diese wurden „Clutch Stations“ genannt, weil sie nicht weit auseinander lagen.

Vom 5. Mai 1958 an hatte die Canberra der RAF Germany, darunter die der 16. Staffel auf Laarbruch, die Fähigkeit, Atombomben abwerfen zu üben. Dennoch kamen die ersten Atombomben 1960 tatsächlich dort an. Bei der Anlieferung mit einer US-amerikanischen Hercules ereignete sich gleich ein ernster Zwischenfall, über die Station Commander Wheeler berichtete: Nach der Landung rollte die Hercules C-130 zum Atomwaffen-Gelände und streifte auf dem Weg mit einem Flügel einen Baum, wodurch ein Treibstofftank zerbrach und leckte. Die 60 Mann-starke US-amerikanische Wache wollten die RAF-Feuerwehr nicht in die Nähe des Flugzeugs lassen. Wheeler musste Gewalt androhen, um Schaum auf den Treibstoff sprühen lassen zu können.

Die volle atomare Einsatzbereitschaft wurde offiziell am 15. September 1960 erklärt. Zwei Canberra B(i)8 der 16. Squadron standen in der QRA (Quick Reaction Alert) voll bewaffnet und einsatzbereit. Die US-Wachmannschaften gehörten anfangs zum "Detachment 7232nd Munitions Maintenance Group" aus Wiesbaden. Am 1. Juli 1968 übernahme eine neue Mannschaft aus Spangdahlem die Verantwortung. Jede Mannschaft blieb üblicherweise drei Jahre. Zur QRA gehörte ein US-amerikanischer "Alert Duty Officer (ADO)", der die Waffen auf Befehl freigeben konnte sowie eine US-amerikanische Wache.

Die Laarbruch Canberra Squadrons waren mit der Mk.7 Atombombe und ab 1966 mit der B-43 (Sprengkraft 130 KT) ausgestattet.

Von 1969 bis 1975 standen bei Laarbruch F-4 Phantom II als Jagdbomber zur Verfügung. Ab Februar 1976 wurden diese durch SEPECAT Jaguar ersetzt. Beide Waffensysteme waren atomwaffenfähig, wurden jedoch hauptsächlich für Aufklärung verwendet. Von 1971 bis 1984 war das Buccaneer S.2 in RAF Laarbruch stationiert und als Atomwaffenträger genutzt. Die entsprechenden Atombomben (WE-177C) waren vor Ort gelagert. Die WE-177-Bomben waren taktische Wasserstoffbomben, die in der Variante C 190 KT Sprengkraft hatten.

Ab 1984 wurde die Royal Air Force (RAF) auf den Tornado GR1 umgerüstet. Gleichzeitig wurde die Air Base mit dem US-amerikanischen Weapon Storage and Security System (WS3) ausgerüstet. In den 10 sogenannten “Grüften” konnten insgesamt maximal 40 atomare Freifallbomben eingelagert werden.

Befürchtungen, die WE-177 Atombomben besäßen eine unzureichende Sicherheit, könnten dazu beigetragen haben, dass die britische Regierung entschied, diese Waffen früher als geplant außer Dienst zu stellen. Die Entspannungspolitik führte dazu, dass alle Tornadostaffeln ab 1992 von Laarbruch abgezogen wurden. Am 4. April 1995 wurde bekannt gegeben, dass bis zum Jahre 1998 alle WE-177 außer Dienst gestellt werden. Gerüchten zufolge sollten bis Ende 1996 alle WE-177 nach Großbritannien zurückverlegt worden sein.

Bearbeitungsstand: Mai 2024

► Weitere Informationen über Atomwaffenstandorte in Deutschland

Quellen:

Nassauer O: Amerikanische Nuklearwaffen in Europa 1996-97
Gemeinde Weeze: Historischer Rundweg - Royal Air Force Laarbruch, 2016
Royal Air Force Museum Laarbruch-Weeze: Nuklearwaffen, keine Datumsangabe
Hush-Kit: Two-day life expectancy: F-4 Phantoms in Cold War Germany, 27.11.2020

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