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Luftverteidigungsgürtel

engl.: NATO Integrated Air Defence System (NATINADS)

Um die Bundesrepublik Deutschland während des Kalten Krieges vor Luftangriffen durch den Warschauer Pakt zu schützen, installierte die NATO ein umfassendes Abwehrsystem. Die beiden wesentlichen, sich ergänzenden Hauptkomponenten waren dabei Jagdflugzeuge und Flugabwehrraketen. Der aus Boden-Luft-Raketen bestehende Luftverteidigungsgürtel der NATO verlief als Abwehrgürtel von der Nordsee bis zu den Alpen.

Bereits in den 1950er Jahren begannen mehrere NATO-Mitgliedsstaaten mit der Einführung eines FlaRak-Systems für mittlere bis große Höhen, der Nike-Herkules. Natürlich musste auch der Luftraum unterhalb des Wirkungsbereichs der Nike gesichert werden. In der Anfangszeit gab es hierfür lediglich Rohrwaffen, die mit radargestützten Feuerleitgeräten geführt wurden. Die Reichweite und Effektivität dieser Waffe war als Ergänzung der Nike-Herkules nicht ausreichend. So wurde in den 1960er Jahre von mehreren NATO-Partnern die Beschaffung des nicht atomaren FlaRak-Systems Hawk durchgeführt.

Mit den beiden Systemen Nike-Herkules (Reichweite 130 km, maximale Höhe 30 km) und Hawk ( Reichweite 25 km, maximale Höhe 13.700 m) wurde ein dichter Gürtel mit ausgebauten Stellungen errichtet, der parallel zum Eisernen Vorhang  quer durch Deutschland verlief. An dieser Verteidigungslinie beteiligten sich neben der Bundeswehr die NATO-Partner Niederlande, Belgien und USA sowie, bis zum Austritt aus den militärischen Strukturen der NATO, auch Frankreich. Es gab aber auch Schwachpunkte im Gürtel. Das waren Schleswig-Holstein, dort befanden sich keine Nike-Stellungen; an der Grenze der 2. und 4. ATAF zwischen Kassel und Marburg, hier war ein Hawk-Sektor nicht besetzt und der Südrand der Bundesrepublik, dort entstand nach Ausscheren der Franzosen eine große Lücke.

Beide Systeme bekamen dem jeweiligen Einsatzspektrum entsprechend einen Höhenbereich zugewiesen. Die Hawk deckten die „Low Missile Engagement Zone“ ab, die Nike entsprechend die „High Missile Engagement Zone“.

Die FlaRak-Verbände stellten Rund um die Uhr die Abwehrbereitschaft sicher. Von den vier Batterien eines Bataillons befand sich jeweils eine in höchster Bereitschaftsstufe. Dieser Dienst wechselte turnusmäßig zwischen den einzelnen Einheiten. Für den Einsatzdienst befand sich das Personal 48 bis 72 Stunden ununterbrochen in der Stellung.

In den 1980er Jahren stand die Ablösung der inzwischen nicht mehr zeitgemäßen Nike-Herkules an. An ihre Stelle trat das nicht atomare FlaRak-System Patriot. Erst im Juni des Jahres 1989 wurde das erste System an die Luftwaffe übergeben. Noch während die Infrastrukturmaßnahmen für den Umbau der Stellungen liefen, endete der Kalte Krieg mit dem Zusammenbruch des Ostblocks. Die darauf folgende neue geographische Ausdehnung Deutschlands und die allgemeine Abrüstung ließen ursprüngliche Planungen über die Neustrukturierung des FlaRak-Gürtels in weiten Teilen hinfällig werden.
(Quelle: Manfred Tegge, Der NATO-Luftverteidigungsgürtel in Niedersachsen, www.relikte.com)

Bearbeitungsstand: Dezember 2009

siehe auch: Kalter Krieg
siehe auch: NATO
siehe auch: Nike-Herkules

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