Atomwaffen A-Z

Londoner Club

engl.: London Club oder London Suppliers Group

Als Folge der von Indien im Jahr 1974 durchgeführten unterirdischen Nukleartests trafen sich auf Initiative der USA erstmals die sieben wichtigsten nuklearen Hauptlieferanten in London, um Richtlinien für den Transfer von Nukleargütern aufzustellen. Die Teilnehmerstaaten waren die USA, die Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Japan und Kanada. Die Richtlinien des so genannten »Londoner Club« traten 1976 in Kraft. Sie betreffen den Export in allen Nichtkernwaffenstaaten, unabhängig von einer Mitgliedschaft im NVV, und enthalten Regelungen, die sowohl den Weiterexport in Kernwaffenstaaten als auch für den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten selbst, angewandt werden.

In Kenntnis, dass der Irak den Aufbau eines umfangreichen geheimen atomaren Waffenprogramms verfolgte, traf sich der Londoner Club, nun unter der Bezeichnung »Nuclear Suppliers Group (NSG)« erneut im Jahre 1992, um seine Richtlinien zu aktualisieren. Die NSG-Vorschriften bestehen seitdem aus einem mehrteiligen Regelwerk. Teil I enthält Richtlinien für den Export von nuklearen Gütern, Teil II die Richtlinien für den Export von Dual-Use-Gütern.

Der Export von Gütern des NSG Teil I – diese Liste enthält ausschließlich Güter, die zur Herstellung von Atomwaffen, Urananreicherung oder dem Bau und Betrieb von Kernkraftwerken dienen – kann nur unter drei Voraussetzungen erfolgen. (1) Es muss eine Endverbleibserklärung des Empfängerlandes, welches die friedliche Nutzung garantiert, vorliegen. (2) Der physische Schutz der Güter muss gewährleistet werden und (3) nicht nur der gesamte Materialfluss, sondern auch alle Anlagen des Empfängerlandes müssen unter der IAEO-Kontrolle stehen. (Quelle: Veronika Vornholt: Export von Nukleartechnologie unter den Voraussetzungen des europäischen und nationalen Rechts, Wolfenbüttel 2005)

Inzwischen ist die NSG-Gruppe um mehr als das Sechsfache angewachsen, die Exportkontrollen wurden mehrfach erweitert und präzisiert, aber die Probleme sind geblieben. Sie haben sich aus mehreren Gründen noch verschärft. So haben die Nichtkernwaffenstaaten im Atomwaffensperrvertrag ihren Minderstatus nicht bedingungslos und für alle Zeiten akzeptiert, sondern den Verzicht an die nukleare Abrüstung der Kernwaffenmächte geknüpft. Diese jedoch haben ihre vertragliche Verpflichtung mit permanentem Zynismus ignoriert und die Rolle von Nuklearwaffen in Ihren Sicherheitsdoktrinen sogar wieder aufgewertet. Als Konsequenz scheint ein weltweiter "Run" auf Kernwaffen einzusetzen, zumindest aber will man sich die nukleare Option offen halten. Hierfür bildet die Meisterung des geschlossenen nuklearen Brennstoffkreislaufs die materielle Basis. Das bedeutet, die Uranförderung, Anreicherung, Herstellung der Kernbrennstäbe, Wiederaufbereitung und Endlagerung in eigener Hand zu haben. Wer immer - ungeachtet der Motive im Einzelnen - danach strebt, setzt sich deshalb dem internationalen Verdacht aus, er trachte unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung nach dem Besitz von Atomwaffen. Verstärkte Exporteinschränkungen durch die Industriestaaten wiederum kritisieren die Entwicklungsländer als diskriminierende Willkürakte des reichen Nuklear-Kartells. (Quelle: Wolfgang Kötter, "Neues Deutschland" vom 29. Mai 2006)

Bearbeitungsstand: Dezember 2007
 

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