Atomwaffen A-Z

Lechfeld

ehem. Atomwaffenstandort Deutschland

Der Fliegerhorst Lechfeld (48°11'07“N, 10°51'40“O) - ca. 20 km südlich der Stadt Augsburg in Bayern gelegen - verfügte über zwei unterschiedliche Atomwaffenlagerorte:

1.Das Jagdbombergeschwader 32 wurde ab Juni 1958 auf dem Fliegerhorst Lechfeld in Dienst gestellt. Seine Erstausstattung bestand aus Jagdbombern des amerikanischen Musters F-84F Thunderstreak. Ab 1964 erfolgte die Umrüstung auf das Waffensystem F-104 G Starfighter, welches wiederum 1984 durch das Waffensystem Tornado abgelöst wurde.

In jedem Jagdbombergeschwader standen jeweils zwei Alarmrotten mit Atombomben startklar. Diese Maschinen waren betankt und bewaffnet in einem besonders gesicherten Bereich des Flugplatzes am Rande der Startbahn positioniert. Der Sicherheitsbereich war durch eine weiße Linie markiert und wurde durch amerikanische Soldaten bewacht. Sie hatten auf jeden Unbefugten, der die Linie überschritt, sofort zu schießen. US-Offiziere hatten die Schlüsselgewalt und verfügten über die Codes zur Schärfung der Bomben. Die deutschen Piloten befanden sich in unmittelbarer Nähe ihrer Flugzeuge. Bei Alarmierung mussten sie innerhalb von fünf Minuten mit ihren Maschinen in der Luft sein. In versiegelten Umschlägen befanden sich die anzufliegenden Zielkoordinaten.

Im nördlichen Bereich der Landebahn lag das Atomwaffenlager (48°11'45“N, 10°51'59“O) des Jagdbombergeschwaders 32. Die atomare Bewaffnung der F84F Thunderstreak bestand aus einer freifallenden Fliegerbombe mit einer Sprengkraft von 8 Kilotonnen.

Der Starfighter F-104G war anfangs mit einer Mk-28-Atombombe ausgerüstet. Dabei handelte es sich um die erste amerikanische Waffe dieser Art. Nach einem Baukastenprinzip konnte diese Waffe in 5 verschiedenen Abwurfvarianten zusammengesetzt werden, um verschiedenen Trägersystemen gerecht zu werden. Bei der Version für die F-104G handelte es sich um die Version Mk 28 FUFO, die den gebremsten Abwurf von schnellen Jet's im Tiefflug erlaubte und weiter über eine Sprengkraft von 1100 Kilotonnen (KT) verfügte. Die Abwurfhöhe lag zwischen 91 und 183 Metern. Diese Version wurde ab 1968 von der Mk-43-Atombombe des Tactical Air Command abgelöst. Die Waffe verfügte über ein Gewicht von knapp 1000 kg und einer unveränderlichen Sprengwirkung von 1 Megatonne (MT). Sie war als Außenlast speziell für den Abwurf von schnell und tieffliegenden Jagdbombern entwickelt worden.

Die Ausbildung in den einzelnen Abwurfverfahren erfolgte mit der Übungsbombe MK-106, die von den Abwurfbehältern / Übungsbombenträgern getragen wurden. Diese amerikanische Übungsbombe wurde etwa ab 1975 von der DM18 aus deutscher Produktion abgelöst. Erst wenn der Pilot sich in allen Verfahren qualifiziert hatte, erhielt er die Möglichkeit die Profilübungsbombe BDU-8/B/BDU-12B (Bomb Dummy Unit) bei einem Übungseinsatz auf dem NATO-Schießplatz Decimomannu (Deci) abzuwerfen.

Ständige Weiterentwicklungen und Erprobungen fügte als Ergänzung ab 1968 die Mk-57-Atombombe mit einer vergleichsweise minimalen Sprengkraft von 5-20 KT dem A-Waffenarsenal der deutschen "F-104" hinzu. Ab dem Jahr 1975 wurde die Version Mk 43 von der Mk/B 61 Abwurfwaffe abgelöst. Dies war eine optimierte und fortschrittlichere Bombe für den Abwurf von schnell und unter 90 Metern fliegenden Kampfflugzeugen, zu denen die F-104G gehörte, die als Mehrzweckwaffe für taktische und strategische Einsätze gedacht.

Der Einsatz der mit A-Waffen beladenen Jagdbomber war nur möglich, wenn die Bomben zuvor vom amerikanischen Personal geschärft worden waren. Das geschah erst unmittelbar vor dem befohlenen Einsatz. War der Kode an der Bombe von den Amerikanern nicht korrekt eingestellt, konnte diese nicht zum Einsatz gebracht werden. (Rolf Ferch: www.rolfferch.de/F104G/html/strikebeladeschema.html)

Ab 1968 wurde bei den Jagdbombergeschwadern die Wasserstoffbombe vom Typ B-61 für den Einsatz bereitgehalten. Dabei handelte es sich um eine frei fallende Fliegerbombe, von der fünf verschiedenen Modelle existierten (B-61-3, -4, -7, -10 und -11). Die B-61-11 ist auch als nuklearer "Bunker Buster" bekannt. Alle Modelle besaßen eine variable Sprengkraft: Modell 3 bis zu 45 Kilotonnen, Modell 4 bis zu 170 Kilotonnen, bis hin zu maximal 340 Kilotonnen, was mehr als der 26-fachen Zerstörungskraft der Hiroshima-Bombe entspricht. (LL)

2. In einem auf dem Fliegerhorst östlich der Startbahn befindlichen Sondermunitionslager (SAS) ( 48°10'34“N, 10°51'45“O) waren Raketen des Typs Pershing I mit den dazu gehörenden atomaren Gefechtsköpfen stationiert. In der Version I/IA (MGM-31A) verfügte die Rakete über eine maximale Reichweite von 740 km. Der atomare Sprengkopf vom Typ W-50 wurde in den Versionen Y1 (60 KT), Y2 (200KT) und Y3 (460 KT) für den Einsatz bereitgehalten.

Das zugehörige US Personal von der 74th US Army Field Artillery Detachment der 512th US Army Artillery Group war in der Schwabstadl in einem gesonderten „Custodial“ Bereich untergebracht. Zur Bewachung des SAS wurde von Seiten der Bundeswehr  die Luftwaffensicherungsstaffel des Flugkörpergeschwaders 1 aus Klosterlechfeld gestellt.

Bearbeitungsstand: Januar 2012

Weitere Informationen über Atomwaffenstandorte in Deutschland

siehe auch: B-61-Bombe
siehe auch: KT (Kilotonne)
siehe auch: Starfigther

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