Atomwaffen A-Z

via Atommine

Atomic Demolition Munition (ADM)

dt.: Atomare Bodensprengkörper

Atomare Bodensprengkörper (ADM) sind so konstruiert, dass sie, unter der Erdoberfläche gezündet, ähnlich wie konventionelle Sprengmittel Krater und andere Hindernisse für vorrückende Bodentruppen schaffen. Es ist nur von den USA bekannt, dass sie über derartige Nuklearwaffen verfügen. Allerdings kann prinzipiell jede nukleare Sprengladung von geeigneter Stärke in relativ kurzer Zeit als Bodensprengkörper eingesetzt werden. Während des Kalten Krieges war der Einsatz von ADM im Rahmen der Vorneverteidigung an der innerdeutschen Grenze vorgesehen. (LL)

ADM unterscheiden sich im Rahmen der nuklearen Teilhabe von allen anderen Waffen dadurch, dass sich Trägersystem und Sprengsatz selbst nicht trennen lassen, dass also das übliche Verfahren durchbrochen wird, wonach sich der Träger im Besitz von NATO-Alliierten, der nukleare Sprengsatz selbst aber unter der Aufsicht der Amerikaner befindet. Stattdessen blieben die ADM als Ganzes in US-Obhut, auch Verlegen und Zünden wäre von US-Pionierzügen erledigt worden, die man zu diesem Zweck entsprechenden NATO-Armeekorps zugeteilt hätte. Alliierte Unterstützungseinheiten waren lediglich für Erdarbeiten und Sicherungsaufgaben zuständig. (Michael Grube)

In der Bundesrepublik lagerten ab Mitte der 1960er Jahre bis zu 200 ADM, die die USA der NATO zum Einsatz an der innerdeutschen Grenze zur Verfügung gestellt hatten. Über die Existenz der offiziell geheim gehaltenen Atomminen existieren verschiedenen Dokumente, die die atomare Aufrüstung zweifelsfrei belegen. Der Historiker Detlef Bald, der unter anderem Zugriff auf das Privatarchiv von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) hatte, geht davon aus, dass »nur etwa zwei Dutzend Menschen damals in die Pläne eingeweiht waren […] Die Atombomben sollten gezündet werden, wenn Deutschland angegriffen wird. Sie waren für den nuklearen Ersteinsatz geplant«. Damit widerlegt Detlef Bald die bisher unwidersprochene Auffassung von Forschern, Politikern und Generälen, die diese geheimen Atombomben in Deutschland als »Gerüchte« oder »Hirngespinste« der Friedensbewegung abgetan hatten.


Von offizieller Seite wurde alles unternommen, um die Existenz von ADM auf deutschem Boden zu verschleiern. Dies beweist auch der Offene Brief des Bundesministers der Verteidigung, Kai-Uwe von Hassel, vom 3. Mai 1965 an die DDR-Bevölkerung: »…Die Bundeswehr hat weder Atomwaffen noch ‚Atomminen’ zu ihrer eigenen Verfügung. Deshalb habe ich zu diesem angeblichen ‚Atomminengürtel’ am 20. Januar 1965 vor dem Deutschen Bundestag unmissverständlich erklärt: ‚Es gibt keine einzige Atommine im Einsatz. Es gibt kein Atomminenfeld, es gibt keinen Atomminengürtel, es gab keinen Plan, und die Bundesregierung hat nicht die Absicht, einen solchen Plan aufzustellen. Ich meine, es ist gut, wenn heute der Deutsche Bundestag feststellt, dass es derartige Pläne nicht gegeben hat, nicht gibt und nicht geben wird«. (Quelle: Dirk Drews: Die Psychologische Kampfführung, Mainz 2006, S. 130)

Tatsächlich waren die Atomminen an der innerdeutschen Grenze Realität. Die Sprengkraft der ADMs (Atomic Demolition Munition) und deren kleinerer Version, SADM (Special Atomic Demolition Munition), betrug 0,2 bis 45 Kilotonnen. Jede einzelne der großen so genannten Atomminen besaß damit die mindestens dreifache Zerstörungskraft der Hiroshima-Bombe.
Als Helmut Schmidt (SPD) 1969 Verteidigungsminister wurde, stoppte er den »todbringenden Unsinn«. Zusammen mit seinem US-Kollegen Melvin Laird erreichte er eine Rückverlegung der ADM in grenzferne US-Atomwaffendepots. Eine entsprechende Vereinbarung wurde in dem Dokument »Deutsche Einsatzbeschränkungen für ADM (National Constrains)« am 23. Oktober 1973 festgeschrieben.

Anfang 1984, vor dem Abzug der letzten ADM, waren noch 372 Exemplare in Westeuropa stationiert. (Quelle: Bald, Politik der Verantwortung, Berlin 2008)

Bearbeitungstand: Februar 2009

siehe auch: Kalter Krieg

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