Atomwaffen A-Z

Atomkriegsplan

engl.: nuclear war plan

Das Verfahren zur Erstellung eines Atomkriegsplanes wurde von den US-Streitkräften in den letzten Jahrzehnten entwickelt und gilt bis heute, als hätte es das Ende des Kalten Krieges nie gegeben. Im Prinzip wird die Methode von jeder anderen Nuklearmacht in gleicher Weise praktiziert: Zunächst legen die Atomkrieger im Rahmen der so genannte Weapon Allocation [Waffenzuteilung] fest, welche Gefechtsköpfe oder Atombombentypen groß genug sind, um ein bestimmtes Objekt zu zerstören. Die so genannte Lethalität [Tödlichkeit] errechnet sich aus Sprengkraft und Treffgenauigkeit. So kann ein unterirdisches Objekt - je nach Größe - mit einer konventionellen Waffe sowie einer kleineren oder größeren Nuklearwaffe angegriffen werden. Bei der Weapon Application wird jeder Atomwaffe aus dem US-Bestand ein bestimmtes Ziel zugewiesen. Zum Schluss wird festgelegt, wann und in welcher Reihenfolge die Ziele attackiert werden sollen. Im Kriegsfall möchte der US-Präsident auf möglichst viele Optionen zurückgreifen können, die sich danach unterscheiden, wie viele von welchen Zielen angegriffen werden. Für jede Option wird dann eine Schadensabschätzung (Consequences of Execution Analysis) vorgenommen. So unterscheiden die US-Atomkrieger zwischen umfassenden Major Attack Options (MAO) [große Angriffsoptionen] und Limited Nuclear Options (LMO) [begrenzte atomare Optionen], zwischen langfristig vorbereiteten Directed Planning Options (DPO) [gezielte Planungsoptionen] und kurzfristig entwickelten Adaptive Planning Options (ADO) [anpassungsfähige Planungsoptionen].

Außer gegen Russland und China entwickelt Stratcom [United States Strategic Command] heutzutage Einsatzpläne für den Global Strike gegen fünf weitere, namentlich nicht genannte Staaten. Gegen jedes dieser Länder wird ein Theater Nuclear Planning Document (TNPD) für den Atomwaffeneinsatz und ein Theater Planning Support Document (TPSD) für konventionelle Angriffe aufgestellt. Auch für den letzten Golf-Krieg (Operation Iraqi Freedom) im Jahre 2003 waren augenscheinlich Atomschläge vorbereitet. Stratcoms Kriegsplanung gegen Schwellenländer ist dabei integraler Bestandteil der SIOP-Planung. Mit seinen Planungen unterstützt Stratcom die jeweiligen Regionalkommandos (Eucom, Centcom, Pacom, Southcom, Northcom und Africom).

Schließlich haben die Regionalbefehlshaber noch mehr als 60 eigene Kriegspläne (Operation Plan - Oplan) für die verschiedenen Zielländer und Einsatzszenarios in ihren Tresoren bereitliegen. Für einen Krieg in Europa sind dies u.a. die Oplans 4102 und 4999 sowie (vermutlich) der Nuclear Operations Plan (NOP). Der Operationsplan Oplan 4999 wurde ursprünglich nach dem Ende des Kalten Krieges im Jahre 1992 ausgearbeitet. Bei der ersten Nato-Osterweiterung 1999 wurde er überarbeitet. Mit der nächsten Erweiterungsrunde im kommenden Jahr müsste er erneut angepasst werden. Da die US-Luftwaffe weiterhin Atomwaffen in Europa bereithält, muss man davon ausgehen, dass der NOP in abgewandelter Form fortbesteht. (Quelle: Gerhard Piper in Frankfurter Rundschau online 19.03.2004)

Bearbeitungsstand: Oktober 2009

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