Hardheim
ehem. Atomwaffenstandort, Deutschland
Im Rahmen der großräumigen Luftverteidigung Europas während der Zeit des Kalten Krieges waren auch die US-Streitkräfte an dem quer durch Deutschland verlaufenden Nike-Herkules Flugabwehrgürtel mit insgesamt sechs in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz stationierten Bataillonen beteiligt. Das 1st Missile Battailon, 67th US Artillery Group verfügte über atomare Feuerstellungen in den Standorten Griesheim, Mainbullau, Hardheim und Dallau.
Die Nike-Feuerstellung (Launching Area) Hardheim (49°37'25“N, 9°27'42“O) lag ca. 38 km südwestlich von Würzburg im fränkischen Odenwald. Die Errichtung der meisten Gebäude und Infrastruktureinrichtungen im Abschussbereich erfolgte ab 1960 bis Juli 1961. Die NIKE-Raketenstellung wurde am 12. Juli 1961 zur Nutzung an die US-Army übergeben. Die dort stationierte C-Battery, 1st Missile Battailon, 67th US Artillery Group bestand aus drei getrennten Bereichen: der Unterkunft, dem Feuerleitbereich in günstiger topografischer Lage mit bis zu 5 Radargeräten für Überwachung, Zielerfassung, Zielverfolgung und Flugkörperverfolgung und dem Abschussbereich mit jeweils 3 Abschussflächen und dazugehörigen Bunkern. In diesem Bereich befanden sich auch die Atomsprengköpfe.
In der Stellung Hardheim waren von 1961 bis 1970 atomare Flugabwehrraketen vom Typ Nike stationiert. An Atomsprengköpfen waren zwei Versionen verfügbar. Die kleinere mit der Bezeichnung B-XS hatte eine Sprengkraft von 2 Kilotonnen (KT). Die größere B-XL besaß ursprünglich 40 KT Sprengkraft. Letztere wurden in den 1970er Jahren gegen Sprengköpfe zu 20 KT ausgetauscht. Maximal waren je Stellung zehn Nuklear-Sprengköpfe vorhanden, acht mit der Stärke XS mit 2 Kilotonnen und zwei XL mit 40/20 KT Sprengkraft. Das Waffensystem diente zur konventionellen Bekämpfung östlicher Bomberflotten in großer Höhe. Zusätzlich hätte es im Ernstfall Bodentruppen des Warschauer Paktes mit Nuklearsprengköpfen – auf westdeutschem Territorium – angegriffen. Die NIKEs waren bis Ende der 1970er Jahre hier stationiert. Danach wurde die Stellung umgebaut und bis ca. 1983 für nicht atomare HAWK-Flugabwehrraketen genutzt. (LL)
Quellen: Jürgen Dreifke, Michael Juhls, Rolf Meyer
Bearbeitungsstand: November 2023
► Weitere Informationen über Atomwaffenstandorte in Deutschland