Atomwaffen A-Z

OPPENHEIMER J. Robert

Physiker, 1904 - 1967

J. Robert Oppenheimer gilt als „Vater der Atombombe“, weil er das Manhattan-Projekt zur Entwicklung der ersten US-Atombombe leitete.

Julius Robert Oppenheimer wurde am 22. April 1904 in New York City geboren. Er wuchs in einer deutsch-jüdischen Familie auf. In Harvard studierte er Latein, Griechisch, Physik und Chemie. Nach dem Studium bot Max Born Oppenheimer eine Stelle an der Universität in Göttingen an, wo er dann andere berühmte Physiker kennenlernte, u.a. Niels Bohr und Paul Dirac und wo er 1927 promovierte. Danach zog er zurück in die USA und nahm seine Arbeit als Assistenzprofessor bei der Universität von Kalifornien in Berkeley auf.

Oppenheimer konzentrierte seine frühe Forschung auf die Energieprozesse von subatomaren Partikeln wie Elektronen, Positronen und auf kosmische Strahlung. Die Quantentheorie war einige Jahre zuvor aufgestellt worden und nun bekam Oppenheimer von der Universität die Gelegenheit, seine ganze Laufbahn ihrer Erforschung zu widmen. Er veröffentlichte in der Zeit zwischen 1926 und 1929 16 wichtige Beiträge zur Quantenphysik.

1940 heiratete Oppenheimer die Biologin Katherine „Kitty“ Harrison, geboren Puening, geboren in Recklinghausen. Harrison war Mitglied der US-amerikanischen Kommunistischen Partei und noch verheiratet, als sie Oppenheimer kennenlernte. Sie war bereits schwanger, als sie einen Tag nach ihrer Scheidung heirateten. Der Sohn, Peter, wurde am 12. Mai 1941 geboren.

Oppenheimer organisierte ein Programm zur Theorie der schnellen Neutronenphysik im Januar 1942 und kollaborierte mit dem Chicago Met Labor, um diese Arbeit weiterzuentwickeln. Im Sommer 1942 leitete er eine Arbeitsgruppe in Berkeley, um die Grundsätze der Waffenentwicklung zu untersuchen und im September desselben Jahres schlug er vor, ein Labor für schnelle Neutronenphysik einzurichten und eine Atombombe zu bauen.

Im Oktober 1942 wurde Oppenheimer die wissenschaftliche Leitung des „Projekts Y“, eines zentralen Labors für physikalische Waffenforschung in den USA, angeboten. Oppenheimer fand das Projekt technisch interessant und sagte zu. Er wählte Los Alamos in New Mexico als Standort für „Site Y“ aus. Von 1943 bis 1945 war Oppenheimer Leiter des Los–Alamos-Labors. General Leslie Groves hatte die militärische Leitung inne und hielt viel von Oppenheimer als wissenschaftlichem Leiter, den er „Oppie“ nannte. Trotz Bedenken wegen Oppenheimers Beziehungen zu Mitgliedern der kommunistischen Partei, verzichtete Groves persönlich auf die Sicherheitsanforderungen und erteilte Oppenheimer am 20. Juli 1943 eine Freigabe. Oppenheimer erklärte später, Groves hatte „eine fatale Schwäche für gute Männer“.

Ab 1. Juli 1944 bekam das so genannte „Manhattan-Projekt“ Vorrang vor jedem anderen Projekt der Vereinigten Staaten.

Im Dezember 1944 wurde Oppenheimers zweites Kind geboren, ein Mädchen namens Katherine. Auf der Geburtsurkunde wurde „Postfach 1663“ als Adresse angegeben. Oppenheimers Frau Kitty litt unter Depressionen und verließ Los Alamos mit ihrem Sohn. Ihre Tochter blieb in Los Alamos. Sie kehrte erst im Juli 1945 zurück.

Am 16. Juli 1945 um 5:29:45 Uhr wurde die erste Atomexplosion der Geschichte, mit dem Codenamen „Trinity“ (Dreifaltigkeit) auf dem White Sands Missile Range in der Wüste von New Mexico ausgelöst. Die Bombe wurde „The Gadget“ (das Gerät) genannt. Die Sprengkraft der Explosion entsprach 20-22 Kilotonnen TNT und verdampfte den Stahlturm. Dies war der endgültige Beweis für den Erfolg des Manhattan-Projekts. Oppenheimer kamen dazu in einem Interview 1965 die Worte aus der „Bhagavad Gita“ in den Sinn: „Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten“.

Oppenheimer war aber nicht nur an der Entwicklung der Atombombe beteiligt, sondern fungierte auch als Berater für das Komitee, welches die Angriffsziele auswählte. Er empfahl den Einsatz der Atombombe auf Japan. Vor dem Einsatz beriet er die Militärs zur radioaktiven Auswirkung der Explosion auf das Personal, das den Abwurf ausführen würde, und zu möglichen Vorsichtsmaßnahmen während des Abwurfs sowie danach für die Bodentruppen.

Am 6. August 1945 warfen die USA die Uranbombe „Little Boy“ über Hiroshima ab und töteten binnen vier Monaten ca. 140.000 Menschen. Am 9. August 1945, nur drei Tage später, zündeten sie die PlutoniumbombeFat Man“ mit fatalem Erfolg über Nagasaki. Für seine Arbeit zur Entwicklung dieser Bomben erhielt Oppenheimer 1946 die „Medal for Merit“, die höchste zivile Auszeichnung der USA.

Nach dem ersten Abwurf wurden die langanhaltenden Auswirkungen der Radioaktivität in Hiroshima öffentlich debattiert. Der US-Wissenschaftler Harald Jacobson  äußerte die Meinung, dass die Stadt 70 Jahre lang unbewohnbar bleiben würde. General Leslie Groves bat Oppenheimer telefonisch um seine Einschätzung. Der hielt Jacobsons Meinung für „verrückt“ und bot als eigenes Zitat an, dass die radioaktiven Aktivitäten unbedenklich seien.

Am 16. Oktober 1945 kündigte Oppenheimer seinen Posten in Los Alamos und kehrte zunächst nach Caltech in Berkeley zurück. Seine Frau war zunehmend alkoholkrank und erlitt mehrere Unfälle.

In der Nachkriegszeit wurde der „Vater der A-Bombe“ zum Wissenschaftler mit dem größten Einfluss in Amerika, was Fragen rund um Atomenergie und Atomwaffen betraf. Er beriet in diesen Fragen die höchsten politischen und militärischen Instanzen sowie viele Wissenschaftler*innen. In dieser Rolle geriet er hinsichtlich der weiteren Entwicklung von Atomwaffen zunehmend in Konflikte. Am 3. Mai 1946 schrieb Oppenheimer US-Präsident Truman einen Brief, in dem er seine Bedenken über die geplanten Atomtests auf dem Bikini-Atoll äußerte. Er schlug stattdessen vor, mathematische Kalkulationen und Modellierungen zu machen, die er für effektiver und kostengünstiger hielt. Er erwähnte auch – ohne Beurteilung – die Bedenken, ob die Durchführung eines Atomtests zu einem Zeitpunkt, „zu dem unsere Pläne zur effektiven Eliminierung von Atomwaffen aus der nationalen Rüstung noch in den Kinderschuhen stecken“, angemessen sei.

1947 wurde er Leiter des „Institute for Advanced Study“ an der Universität Princeton. Von 1947 bis 1952 war Oppenheimer der Vorsitzende des General Advisory Committee der Atomenergiekommission (AEC), welche sich 1949 gegen die Entwicklung der Wasserstoffbombe aussprach. Als der Kalte Krieg einsetzte und die Politiker der USA und der Sowjetunion sich hinter rhetorische Phrasen zurückzogen, fühlte sich Oppenheimer im herrschenden politischen Klima zusehends unwohl.

Am 29. Juni 1954 wurde Oppenheimer das Sicherheitsunbedenklichkeitszeugnis der Regierung von der Atomenergiekommission verweigert. Er wurde des „Umgangs mit bekannten Kommunisten“ bezichtigt und beschuldigt, Gegner der Wasserstoffbombe zu sein. Der Mitteilung der AEC zufolge genoss Oppenheimer nicht länger das Vertrauen der Regierung und der Kommission, da man bei ihm angeblich „gravierende Charakterdefekte“ festgestellt hatte. Diese führte zu einer großen Abnahme seines politischen Einflusses.

In einer Entspannungsphase des Kalten Krieges rehabilitierte Präsident Lyndon B. Johnson Oppenheimer, indem er ihm 1963 den Enrico-Fermi-Preis der Atomenergiekommission verlieh.

J. Robert Oppenheimer ließ sich 1966 in den Ruhestand versetzen und starb ein Jahr später am 18. Februar in Princeton im Alter von 63 Jahren an Kehlkopfkrebs. xh

Bearbeitungsstand: Juli 2023

► Weitere Informationen zur Entwicklung der Atombombe

Quellen:
Atomic Heritage Foundation: J. Robert Oppenheimer
Grotelüschen F: Vater und Skeptiker der Atombombe, Deutschlandfunk, 18.02.2017
Groves L: Journal, 08.08.1945
Lernzeit.de: Robert Oppenheimer – Physiker und Vater der Atombombe
Norris RS: Racing for the Bomb, 2002
Oppenheimer JR: Memorandum an Brigadier General Farrell, National Security Archives, 11.05.1945
Oppenheimer JR: Brief an Präsident Truman, National Security Archives, 03.05.1946
Streshinsky S; Klaus P: An Atomic Love Story, 2013

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