Atomwaffen A-Z

via Wiener Vereinbarung

Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA)

dt.: Wiener Vereinbarung; Iran-Abkommen

Am 14. Juli 2015 erzielten die P5+1 (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) und der Iran in Wien eine Einigung, die den Konflikt um das iranische Atomprogramm langfristig lösen sollte. Der „Gemeinsame umfassende Aktionsplan“ sieht technische Beschränkungen und Kontrollmechanismen vor, die gewährleisten, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient und nicht für die Entwicklung von Nuklearwaffen verwendet werden kann. Im Gegenzug sollen die seit 2006 gegen den Iran verhängten Sanktionen schrittweise aufgehoben werden.

Am 7. Mai 2018 kündigte US-Präsident Donald Trump einseitig das Atomabkommen auf. Nachdem der iranische Präsident Hassan Rouhani zunächst die weitere Einhaltung des Abkommens versicherte, kündigte er im Juli 2019 erste Aussetzungen des Abkommens an. Nach der gezielten Tötung durch die USA des iranischen Generals Soleimani, kündigte Rouhani am 5. Januar 2020 an, dass der Iran weitere Teile des Atomabkommens aussetzen wird.

Kernpunkte:

  • 15 Jahre lang wird Uran ausschließlich in der Anlage Natans und auf maximal 3,67% angereichert. Niedrig angereicherte Uranbestände werden in dieser Zeit auf 300 Kilogramm beschränkt.
  • Der Schwerwasserreaktor Arak wird umgebaut, so dass er nicht mehr zur Herstellung waffentauglichen Plutoniums genutzt werden kann.
  • Über zwei Drittel der Zentrifugen werden außer Betrieb genommen und unter Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) gestellt. 95% des angereicherten Urans werden außer Landes gebracht oder vernichtet, sein Bestand bleibt für 15 Jahre streng begrenzt.
  • Die Vereinbarung wird lückenlos überwacht. Ein robuster Mechanismus wurde implementiert, welcher der IAEO 25 Jahre lang überall Zugang gewährt, wo sie ihn benötigt.

Seit 2003 arbeitet die internationale Gemeinschaft daran, eine Einigung mit Teheran zu erzielen. Die JCPOA ist eine Sammlung freiwilliger Maßnahmen auf beiden Seiten, die durch die Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrates am 20. Juli 2015 rechtsverbindlich wurde. Der Sicherheitsrat beschloss zudem eine Reihe von Umsetzungsschritten, inklusive dem so genannten „snap-back“-Mechanismus, durch welchen die gelockerten UN-Sanktionen schnell und unkompliziert wieder eingesetzt werden können, falls Teheran gegen die Vereinbarung verstoßen sollte.

Am 19. Oktober 2015 trat die Vereinbarung in Kraft. Nachdem der Iran seine Vorgaben zur Begrenzung seines Atomprogramms erfüllt hatte und die IAEO dies bestätigte, haben die USA und die EU am 16. Januar 2016 ihre Sanktionen, die im Zusammenhang mit dem Atomprogramm verhängt wurden, aufgehoben.

Der Iran konnte nach der Vereinbarung zunächst wieder Öl und Gas exportieren und erhielt Zugang zu seinen eingefrorenen Exporterlösen sowie zu internationalen Finanzkanälen. Das US-Embargo gegen den Iran blieb dagegen in Kraft, mit Ausnahme von Lebensmitteln, Teppichen und Flugzeugen sowie für ausländische Töchter von US-Unternehmen. Sonstige US-Maßnahmen gegen den Iran wegen der Unterstützung von Terrorismus, Menschenrechtsverletzungen und Geldwäsche blieben unberührt. Das Waffenembargo sowie die Handelsbeschränkungen für Güter für das iranische Raketenprogramm blieben ebenfalls in Kraft. Auch jeglicher Handel mit Nukleartechnologie wird künftig durch einen internationalen Beschaffungskanal ("Procurement Channel") überwacht.

Spätestens nach acht Jahren oder aber wenn die IAEO zum sicheren Ergebnis kommt, dass sämtliches Nuklearmaterial im Iran ausschließlich zu friedlichen Zwecken verwendet wird und geheime Aktivitäten auszuschließen sind, sollen fast alle EU- und US-Sanktionen aufgehoben werden.

Unabhängig davon sieht UNSR-Resolution 2231 vor, dass die bestehenden Restriktionen in Bezug auf die Lieferung schwerer, konventioneller Waffen, spätestens in fünf und jene in Bezug auf Raketentechnologie, in acht Jahren aufgehoben werden.

Nach zehn Jahren endet die Laufzeit der Resolution 2231. Bis dahin sollen alle Sanktionen aufgehoben und die Verfahren zur Umsetzung des JCPOA beendet sein. Einige Beschränkungen iranischer Atomaktivitäten gelten jedoch bis maximal 2030 und bestimmte Transparenzmaßnahmen gar bis maximal 2040.

Der designierte US-Präsident Donald Trump hat in seinem Wahlkampf 2016 erklärt, das Abkommen sei „desaströs“ und er werde es „demontieren“.

Am 8. Mai 2018 erklärte Präsident Donald Trump, die USA steige einseitig aus dem Abkommen aus. Damit verknüpft war die Wiedereinführung scharfer Sanktionen gegen den Iran. Entgegen der Behauptung der anderen Staatsparteien, das Abkommen verhindere die Herstellung von Atomwaffen durch den Iran, sind die USA und Israel überzeugt, dass das Abkommen den Iran davon nicht abhalten könne.

Die USA sei bereit, ein neues Abkommen mit dem Iran auszuhandeln, erklärte Trump. Bis dahin würden die im Rahmen des Abkommens ausgesetzten Sanktionen in voller Härte wieder eingeführt. Jedes Land, das dem Iran in seinen Bemühungen um Atomwaffen helfe, könne ebenfalls mit starken Sanktionen belegt werden, meinte er und droht damit den anderen Staaten, die sich weiterhin an das Atomabkommen halten.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien zeigten Bedauern. Die europäischen Länder gaben eine gemeinsame Stellungnahme heraus, in der sie die Absicht erklärten, in einem „Geist der Verantwortung“ an der Vereinbarung festzuhalten.

Die EU hält bisher am Abkommen mit dem Iran fest und versucht europäischen Unternehmen zu helfen, die US-Sanktionen zu umgehen. Dafür führte die EU ein neues Zahlungssystem ein (Instex = Instrument in Support of Trade Exchanges). Die Umsetzung scheiterte bisher. Viele große europäische Firmen zogen sich aus Angst vor negativen Auswirkungen für ihre Wirtschaftsbeziehungen mit den USA aus dem Handel mit dem Iran zurück.

Konsequenz dieser Entwicklungen war die Ankündigung Irans am 8. Mai 2019, teilweise aus dem Abkommen auszusteigen. Präsident Rouhani forderte ein Ende der Sanktionen insbesondere auf iranische Banken und sein Ölgeschäft und setzte diesbezüglich eine Frist von 60 Tagen. Rouhani erklärte dazu: "Wir können ja nicht alleine ein internationales Abkommen umsetzen, wenn die Gegenseite dies nicht tut". Iran habe ein Jahr lang geduldig gewartet, aber das Abkommen konnte nicht von den übrigen Vertragspartnern umgesetzt werden.

Der Iran setzte zunächst die Begrenzung der Lagerung von Uranvorräten aus. Diese besagt, dass das Land nicht mehr als 300 Kilogramm angereichertes Uran lagern darf. Mengen über 300 Kilogramm müssen in einem Drittland gelagert oder verkauft werden. Die Produkte aus dem Schwerwasserreaktor Arak sollen nicht mehr beschränkt werden. Sollten nach Ablauf der 60-Tage-Frist, in welcher die Vertragspartner für eine Aufhebung der Sanktionen eintreten sollen, die Sanktionen weiter bestehen, werde der Iran die Begrenzung für Urananreicherung auf 3,67% aufheben.

Die IAEO hat beim Vorbereitungsausschuss zum Nichtverbreitungsvertrag (NPT PrepCom) 2019 bescheinigt, dass der Iran das Abkommen bisher vollständig umgesetzt und alle Vereinbarungen eingehalten habe.

Zwei Tage nach der gezielten Tötung durch die USA des iranischen Generals Soleimani am 3. Januar 2020 kündigte der iranische Präsident Rouhani an, dass der Iran weitere Teile des Atomabkommens aussetzen werde. Die Auflagen zur Urananreicherung sowie zur Forschung und Entwicklung des Atomprogramms würden ausgesetzt und laut dem iranischen Staatsfernsehens würde der Iran ab sofort so viel Uran anreichern, wie technisch nötig sei. Der Iran setzt jedoch die Kooperation mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) fort und lasse weiterhin Inspektionen zu. Die derzeitige Aussetzung des Abkommens könne noch rückgängig gemacht werden, wenn die USA die Sanktionen wieder aufheben würde.

Seit einer Weile stecken die Verhandlungen über eine Neuauflage des Atomabkommens fest und laut den westlichen Vertragsparteien ist Irans mangelnde Kooperationsbereitschaft das Problem. Die neuen Verhandlungen begannen im April 2021. Laut der IAEO verfügte Iran im Mai 2022 bereits über 18 Mal mehr angereichertes Uran, als in der Vereinbarung zulässig sei. Daher steigt die Befürchtung, der Iran nähert sich dem Zeitpunkt, eine Atombombe bauen zu können. Laut dem Bericht reichert Iran das Uran deutlich höher an als vereinbart; auch der Bestand an bis zu 20 Prozent sowie bis zu 60 Prozent angereichertem Uran sei erheblich gewachsen, allerdings brauche man rund 90 Prozent angereichertes Uran, um eine Atombombe zu bauen. US-Präsident Joe Biden und iranischer Präsident Ebrahim Raisi erklärten, dass sie das Abkommen wieder beleben wollen. Dennoch bleiben große Unterschiede, die bisher nicht überbrückbar waren und niemand will als erster nachgeben. Iran will die Zusicherung, dass kein künftiger Präsident aus dem Abkommen aussteigen kann. Diese Zusage lehnen die US-Republikaner jedoch ab.

Bearbeitungsstand: August 2022

► Vereinbarung „gemeinsamer umfassender Aktionsplan", 2015 (engl.)
UNSR_Resolution 2231 im Wortlaut, 2015 (dt.)
► Weitere Informationen zum Iran und sein Atomprogramm
► A-Z Factsheet zum Herunterladen
, Jan 2020

 

Quellen:

Auswärtiges Amt: Die Wiener Nuklearvereinbarung über das iranische Atomprogramm, 14.09.2021
dpa, jmt: Iran setzt Westen 60-Tage Frist für Ende der Sanktion, t-online, 08.05.2019
von Hein S: Irans Atomprogramm: Chronik eines diplomatischen Ringens, 29.08.2022
Meier O: Die Atomvereinbarung mit Iran, SWP-Aktuell, August 2015
ntv: Neues Zahlungssystm für Iran-Handel gegründet, 31.01.2019

Atomwaffen A-Z