Atomwaffen A-Z

Brasilien

engl.: Brazil

Obwohl Brasilien bereits 1968 den Vertrag von Tlateloloco unterzeichnet hatte, der allen Staaten Lateinamerikas und der Karibik den Erwerb und Besitz von Nuklearwaffen verbietet, startete das Militärregime 1978 ein geheimes Kernwaffenprojekt. Bereits in den 1970er Jahren konnte Brasilien mit der Hilfe Deutschlands Uran anreichern. Ebenfalls mit deutscher Hilfe wurden in Brasilien die ersten Atomkraftwerke gebaut. Als das Land 1985 zur Demokratie zurückkehrte, wurden sämtliche Programme zur militärischen Nutzung der Kernenergie wieder eingestellt. Im Jahr 1998 ratifiziert Brasilien mit einiger Verspätung den Atomwaffensperrvertrag, nicht aber das Zusatzprotokoll, das Überraschungsbesuche der Inspektoren erlaubt. Das Land ist seit 1996 Mitglied der Nuclear Suppliers Group (NSG). Überdies hat Brasilien den Atomteststoppvertrag ratifiziert (im Unterschied zu China, Israel, dem Iran, Ägypten, Libyen Indien, Pakistan und den USA). (Quelle: Telepolis)

Im Jahr 2006 hat das Land von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbeachtet mit der Anreicherung von Uran begonnen. Die Anlage Resende, auf einer ehemaligen Kaffeeplantage 150 Kilometer westlich von Rio de Janeiro gelegen, ging in Betrieb. Laut Regierung wolle Brasilien mit dem Uran seine zwei Atomkraftwerke Angra I und II betreiben. Sie entschied zudem den Bau eines dritten Atomkraftwerks, Angra III. Den Auftrag erhielten die deutsche Siemens-KWU und der staatliche französische Konzern Framatome. Brasiliens Technologieminister Sergio Rezende sagte, das Land würde durch die Anreicherung des Urans jährlich elf Millionen Dollar sparen, da es den Brennstoff nicht mehr aus Europa importieren müsse. Brasilien ist damit dem Ziel, Unabhängigkeit in der Energieversorgung zu erlangen, einen Schritt näher gekommen, zumal es selbst große Uranvorkommen hat. [...]
Brisant ist der Beschluss Brasiliens, als zehntes Land weltweit Uran anzureichern, jedoch vor allem deshalb, weil Brasilien damit den gleichen Schritt unternimmt, vor dem der Westen Iran warnt. In den USA und Europa wird nun befürchtet, Brasilien könne einen Präzedenzfall etablieren. Zwar besteht Minister Rezende darauf, dass das in Resende angereicherte Uran ausschließlich friedlichen Zwecken dienen werde. Doch das US-Wissenschaftsmagazin „Science“ wies darauf hin, dass in Resende waffenfähiges Uran für jährlich fünf bis sechs Atombomben produziert werden könne. [...] Dennoch weigert sich Brasilien, das Zusatzprotokoll, zum 1998 unterzeichneten Atomwaffensperrvertrag, zu ratifizieren, das unangekündigte Besuche von Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO erlaubt. Mehrfach hat man den Inspektoren bereits den Blick auf die zentralen Anlagenteile von Resende untersagt. Die Brasilianer begründen dies mit dem Schutz vor Industriespionage. [...] (Quelle: ARD-Bericht vom 16.5.2006)

Bearbeitungsstand: März 2008

siehe auch: Atomwaffensperrvertrag

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