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Black Brant-Raketenzwischenfall

Engl.: Black Brant scare

Am 25. Januar 1995 starteten norwegische und US-amerikanische Wissenschaftler eine vierstufige Forschungsrakete vom Typ „Black Brant XII“ auf der Insel Andøya an der Nordwestküste Norwegens. Sie sollte Daten über atmosphärische Bedingungen aus verschiedenen Höhen sammeln und das Polarlicht untersuchen. Diese Rakete führte zu einer kurzen Zeit nuklearer Spannungen.

Die Rakete erreichte eine Höhe von knapp 1.500 Kilometern. Sie wurde vom Frühwarnsystem in der Radarstation Olenegorsk in der Oblast Murmansk entdeckt und die russischen Radartechniker gaben Vollalarm, weil ihre Flugbahn der einer US-Atomrakete auf dem Weg nach Russland zu entsprechen schien. Der leitende Offizier General Anatoli Sokolow erklärte, dass der Start einer Zivilrakete und einer Atomrakete im Beginn der Flugbahn kaum zu unterscheiden sind.

Einige Minuten lang stand Russland kurz davor, einen nuklearen Angriff in vollem Ausmaß auf die USA zu starten. Der Alarm wurde durch die militärische Kommandokette in wenigen Minuten bis zum russischen Präsidenten Boris Jelzin weitergeleitet. Am Tag danach sagte Boris Jelzin, er hätte zum ersten Mal seinen „Atomkoffer" aktiviert - ein Gerät, das es ihm ermöglicht, mit seinen höchsten Militärberatern zu kommunizieren. Jelzin besprach sich mit General Mikhail Kolesnikow telefonisch über einen möglichen Vergeltungsschlag, bis die Rakete aus dem russischen Luftraum flog und klar wurde, dass es sich hier um einen Fehlalarm handelte.

24 Minuten nach dem Start erreichte die Rakete ihr Ziel bei Spitzbergen.

Obwohl der Zwischenfall nicht so bekannt wurde wie manch anderer Fehlalarm, gilt er als einer der ernstesten, weil der Atomkoffer aktiviert wurde und ein Angriff kurz bevorstand. Obwohl der Kalte Krieg 1995 schon vorbei war, war die Lage war brisant, weil Russland nach wie vor sehr misstrauisch gegenüber den Absichten der NATO war. Das norwegische Außenministerium hatte das Forschungsvorhaben mit dem Start einer größeren Rakete zwar angekündigt, aber die Radartechniker in Murmansk erreichte diese Nachricht wahrscheinlich nicht. xh

(Quellen: Chatham House, Frontline, PBS)

Bearbeitungsstand: Januar 2020

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