Atomwaffen A-Z

Gegenseitige zugesicherte Zerstörung

engl.: Mutual assured destruction (MAD)

Gegenseitige zugesicherte Zerstörung - Mutual Assured Destruction (MAD) - ist ein strategisches Konzept, das in der Zeit des Kalten Krieges entstanden ist und sich auf eine Doktrin der nuklearen Abschreckung zwischen atomar bewaffneten Nationen bezieht. Das Wort „mad“ auf englisch bedeutet „wahnsinnig“. Es besagt, dass, wenn zwei oder mehr Länder über eine ausreichende Anzahl von Atomwaffen verfügen, jeder Versuch eines Landes, einen nuklearen Angriff zu starten, zur vollständigen Vernichtung beider Seiten führen würde. Diese wird manchmal auch als „Gleichgewicht des Schreckens“ bezeichnet.

Der Grundgedanke von MAD besteht darin, dass die Androhung eines massiven Vergeltungsschlags als Abschreckung wirke und eine der beiden Parteien davon abhalten würde, einen Atomschlag zu führen. Es beruht auf der Annahme, dass kein rationaler Akteur absichtlich einen Atomangriff starten würde, wenn er wüsste, dass dies unweigerlich zu katastrophalen Folgen für sein eigenes Land führen würde.

Der Begriff „Assured Destruction“ wurde von Robert McNamara 1965 definiert. Die Abschreckung würde von der Fähigkeit abhängen, "den Aggressor als lebensfähige Gesellschaft zu zerstören", was mehr als 100 Millionen Todesopfer zur Folge hätte. Nach den Computerberechnungen der Systemanalytiker in McNamaras Stab würde eine US-Streitmacht, die die sowjetischen urbanen Zentren und industriellen Kapazitäten gefährden könnte, ausreichen, um die Abschreckung zu gewährleisten. Dieses Ergebnis, so McNamara, könne mit 400 Atomwaffen erreicht werden, "die auf die Sowjetunion gerichtet sind" und "ausreichen, um mehr als ein Drittel ihrer Bevölkerung und die Hälfte ihrer Industrie zu vernichten".
Das Konzept des MAD beruht auf mehreren Grundprinzipien:

  1. Zweitschlagskapazität: Jede Seite verfügt über genügend Atomwaffen und Trägersysteme, um einen Erstschlag zu überleben und einen verheerenden Vergeltungsschlag zu führen. Dadurch wird sichergestellt, dass beide Parteien der anderen einen nicht hinnehmbaren Schaden zufügen können, selbst wenn eine Seite einen Angriff initiiert.
  2. Glaubwürdige Abschreckung: Beide Seiten müssen glauben, dass die andere Seite den Willen und die Fähigkeit hat, im Falle eines Angriffs einen verheerenden Vergeltungsschlag zu führen. Diese Überzeugung ist entscheidend, um jeden potenziellen Angreifer davon abzuhalten, das Risiko einzugehen.

Das MAD-Konzept wird oft mit einem Gleichgewicht von Macht und Stabilität in Verbindung gebracht, da die möglichen Folgen eines Atomkriegs für alle Beteiligten katastrophal wären. Es wird behauptet, dass während des Kalten Krieges zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion MAD maßgeblich zur Aufrechterhaltung eines relativen Friedens beigetragen habe, da beide Seiten die Sinnlosigkeit und Verwüstung erkannten, die ein Atomkonflikt nach sich ziehen würde.

MAD ist jedoch ein umstrittenes und stark diskutiertes Konzept. Kritiker argumentieren, dass eine solche Strategie ein gefährliches Wettrüsten fördere und das Risiko eines unbeabsichtigten Atomkriegs oder einer Fehleinschätzung erhöhen könnte.
Das Konzept der "Gegenseitig zugesicherten Zerstörung" wird auch heute als wichtiges strategisches Konzept in Bezug auf nukleare Abschreckung gesehen. Obwohl sich die globale Sicherheitslandschaft seit dem Kalten Krieg verändert hat, besteht immer noch eine gewisse Relevanz für die MAD-Doktrin. Die nuklearen Arsenale der Atommächte sind nach wie vor umfangreich. Länder wie die USA und Russland besitzen weiterhin große Mengen an Atomwaffen, genug um sich gegenseiteig zu zerstören. Die Existenz dieser Arsenale trägt zur Aufrechterhaltung des MAD-Konzepts bei.

Für etwa vierzig Staaten dieser Welt, bleibt die Idee der Abschreckung relevant, da der Besitz von Atomwaffen eine potenzielle Bedrohung darstellt. Sie glauben, dass die Überzeugung, ein Angriff würde mit Massenvernichtungswaffen zu katastrophalen Konsequenzen führen, wirke als abschreckender Faktor, der Kriege auf der nuklearen Ebene verhindern würde.

Unveränderte zerstörerische Kraft: Atomwaffen behalten ihre verheerende Wirkung. Sie können ganze Städte und Regionen zerstören und verheerende humanitäre und ökologische Auswirkungen haben. Das Fortbestehen dieser zerstörerischen Kraft verstärkt die Notwendigkeit, dass Nationen die Konsequenzen eines nuklearen Konflikts verstehen und vermeiden.

Allerdings gibt es auch Faktoren, die die Anwendbarkeit von MAD in Frage stellen:

  1. Das Auftreten nichtstaatlicher Akteure und die Verbreitung von Atomwaffen stellen neue Herausforderungen für die Wirksamkeit von MAD in der modernen Welt dar.
  2. MAD beruht auf der Annahme rationaler Akteure, aber nichtstaatliche Akteure könnten andere Motivationen haben und weniger vorhersehbare Handlungen ausführen. Auch das „madman theory“ besagt, dass ein Staatsführer sich absichtlich als verrückt darstellen kann, um die Gegenseite zu überzeugen, er sei in der Lage, Atomwaffen einzusetzen.
  3. Die Entwicklung neuer Technologien wie Cyberwaffen und ballistischer Raketenabwehrsysteme könnte die Effektivität von MAD beeinflussen. Wenn beispielsweise eine Nation glaubt, dass ihre Atomwaffen durch Raketenabwehrsysteme eines Gegners neutralisiert werden könnten, könnte dies die nukleare Abschreckung untergraben.
  4. Die Beziehungen zwischen den Atommächten können sich im Laufe der Zeit ändern. Neue politische Führungen, Konflikte oder Veränderungen in der geopolitischen Dynamik könnten die Strategie der MAD beeinflussen.

(xh/ai)

Bearbeitungsstand: Juni 2023

Quellen:
Correll JT: The Making of MAD, Air and Space Forces, 27.07.2018
McNamara R: Mutual Deterrence speech, 18.09.1967
Rudolf P: Zur Politik und Ethik nuklearer Abschreckung unter veränderten internationalen Bedingungen, 05.10.2019

Atomwaffen A-Z