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Garching Forschungsreaktor FRM-II

engl.: Garching research reactor

In Garching bei München betreibt die Technische Universität München (TUM) seit 2004 den Forschungs-Reaktor FRM II. Er ist Nachfolger des FRM I, erster Atomreaktor Deutschlands und auch bekannt als „Atomei“ aufgrund seiner auffälligen Hülle. Beide Reaktoren sind sogenannte Schwimmbadreaktoren mit einem Wasserbecken, in dem sich der Reaktorkern befindet und von wo aus die Strahlrohre zu den Experimentiereinrichtungen führen. Genutzt werden die bei der Kernspaltung frei werdenden Neutronen, insbesondere für Materialuntersuchungen, aber auch zur Dotierung von Halbleitermaterialien oder zur Erzeugung von Radioisotopen.

Der FRM II, ein sogenannter Hochflussreaktor, verfügt über eine thermische Leistung von 20 MW und erzeugt pro Sekunde 8 x 1014 freie Neutronen pro cm2.
Der kompakte Reaktorkern besteht aus hochdichtem Uransilizid mit einer Anreicherung des spaltbaren Urans von 93,2 %. Uran dieser Anreicherung ist atomwaffenfähig.   
Der FRM II liefert jährlich in 4 Zyklen zu 60 Tagen Neutronen für die Wissenschaft, d.h. er benötigt pro Jahr 32,4 kg hochangereichertes Uran (HEU). Nach Gebrauch hat der Uranbrennstoff immer noch eine hohe Anreicherung von etwa 88 %.

Die ersten Planungen für den FRM II gehen auf die 1980er Jahre zurück. Forschungsreaktoren wurden bis dahin traditionell mit hochangereichertem und atomwaffenfähigem Uranbrennstoff (HEU) betrieben, um einen möglichst hohen Neutronenfluss zu erreichen.
Forschungsreaktoren waren die einzigen zivilen Nutzer von HEU. Es bestand ein erhöhtes Risiko der Weiterverbreitung von waffenfähigem Uran (Proliferation). 

Folglich wurde das "Reduced Enrichment of Research and Test Reactors" (RERTR) Programm gestartet, um Brennstoffe zu entwickeln, die mit höherer Dichte und niedrig angereichertem, nicht waffenfähigem Uran ebenfalls einen hohen Neutronenfluss erzeugen. Bestehende Reaktoren sollten damit auf niedrigangereichertem Uran (LEU) – mit weniger als 20% – umgerüstet und neue Reaktoren gleich mit LEU gebaut werden können. Deutschland verfolgte und finanzierte ein eigenes Programm zur Abrüstung von Forschungsreaktoren, das sogenannte AF-Programm.

Ein hochdichtes Uransilizid erfüllte die Anforderungen und wurde als Brennstoff zertifiziert.
 
Die TUM nutzte das neu entwickelte hochdichte Uransilizid und kombinierte es mit HEU, um einen kompakten Reaktorkern (Dichten von 3,0/1,5 g Uran/cm3) für den geplanten FRM II herzustellen und so trotz niedriger Leistung einen relativ hohen Neutronenfluss zu erlangen. Da dies allen Bestrebungen, die Proliferationsgefahren einzudämmen, zuwider lief, wurde die Betriebsgenehmigung nur unter der Bedingung erteilt, dass der FRM II bis Ende 2010 auf eine niedrigere Anreicherung umgerüstet wird. Eine Vereinbarung zwischen Bund und Land Bayern (2001) besiegelte diese Anforderung.

2004 ging der FRM II mit einem hochdichten HEU-Reaktorkern in Betrieb. Das hochangereicherte Uran wird von Russland geliefert. Die USA, traditioneller Lieferant in der westlichen Welt, hat die Lieferung von HEU für den FRM II verweigert. Wegen Nichteinhaltung der Umrüstungsfrist wurde die Vereinbarung zweimal verlängert. Zuletzt wurde eine mögliche Umrüstung in 2026 in Aussicht gestellt.

Für die Umrüstung des FRM II kommen gemäß aktuellem Stand drei Brennstoffvarianten in Frage:

  1. zertifizierter hochdichter Uransilizid-Dispersionsbrennstoff (U3Si2) mit einer Dichte von 4,8 g U/cm3 und zusätzlichen geometrischen Anpassungen
  2. hochdichter monolithischer Uranmolybdänbrennstoff (U-Mo) mit einer Dichte bis zu 8 g U/cm3
  3. hochdichter Uranmolybdän-Dispersionsbrennstoff (U-Mo) mit einer Dichte bis zu 15 g U/cm3

kw

Bearbeitungsstand: November 2021

 

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