Atomwaffen A-Z

Reykjavik

US-Sowjet-Gipfeltreffen, 1986

Zu einem Gipfeltreffen kamen vom 10. bis 12. Oktober 1986 der Generalsekretär der UdSSR Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan in der isländischen Hauptstadt Reykjavik - auf relativ neutralem Boden - zusammen. Dort schlug Gorbatschow überraschenderweise vor, binnen zehn Jahren alle Atomwaffen komplett zu beseitigen und Reagan stimmte zu. Die Verhandlungen scheitern jedoch schließlich an unüberbrückbaren Gegensätzen in der Frage des US-amerikanischen Weltraumprogramms SDI.

Am 12. Oktober ging das Treffen im Haus Hofdi außerhalb von Reykjavik zu Ende, später wird es als “historisch” bezeichnet werden. Bei dem Treffen in Reykjavik sollte vor allem die Frage nach den Mittelstreckenraketen-Arsenale beider Länder behandelt werden. Es gab auf der einen Seite die SS-20 Mittelstreckenraketen in Russland und Asien, die Westeuropa bedrohten. Auf der anderen Seite stationierten die USA in der damaligen Bundesrepublik Deutschland, Pershing-II-Raketen, die auf Russland gerichtet waren, sowie Cruise Missiles in Großbritannien. Die Pershing II-Raketen konnten binnen weniger Minuten Moskau erreichen, das heißt sie waren als Erstanschlag-Waffe einsetzbar. Im Zuge der Verhandlungen über die Mittelstreckenraketen kam aber die überraschende Idee auf, alle Atomwaffen beidseitig zu vernichten. Zuerst schienen sich beide Staatsführer einig zu sein.

Leider kamen die US-Raketenabwehrpläne ins Spiel. Die USA plante das Raketen-Abwehrsystem „SDI“, dass das Ziel hatte, einen Atomwaffeneinsatz gegen die USA unmöglich zu machen. Gorbatschow argumentierte: Die Gefahr eines globalen Atomkrieges wäre somit erheblich gestiegen, hätte sich einer der beiden Blöcke vor dem Zweitschlag des Gegners in “Sicherheit” gewähnt. Es stand die Vermutung im Raum, dass Reagan einen Erstschlag seitens der USA veranlassen könnte. Durch die gleichzeitige Abwehr der russischen Raketen mithilfe von SDI, hätten die USA die UdSSR übertrumpfen können. Die UdSSR würde sich aufgrund dessen, auf einen nuklearen Erstschlag gegen die USA vorbereiten, bevor diese durch SDI geschützt wären. Somit war die derzeitige Lage eine direkte Bedrohung für den Weltfrieden. Gorbatschow unterbreitete daher das Angebot, das auf beiden Seiten alle Atomwaffen vernichtet werden und dass das SDI-Programm eingestellt wird. Reagan hielt allerdings an dem Programm fest und daher kam es nicht zu einer Abschaffung aller Atomwaffen in dieser Zeit. Beide Männer beschuldigten sich gegenseitig für das Scheitern der Verhandlungen. Dennoch ebnete das Treffen den Weg für den späteren INF-Vertrag, der alle Mittelstreckenraketen in Europa abschaffte.

Durch das Treffen in Reykjavik sind sich Reagan und Gorbatschow menschlich näher gekommen und hatten das gegenseitige Misstrauen abgebaut. Damit kam es hier zu einem echten Durchbruch den Kalten Krieg zu überwinden.

Zum ersten Mal erklärten die Staatsköpfe der Supermächte öffentlich ihre Bereitschaft, bereits vorhandene Waffen zu vernichten. Später wurden diese Maßnahmen nicht nur verhandelt, sie wurden dann zum Teil tatsächlich durchgeführt. Somit stellte das Treffen den Beginn für einen vertrauenvolleren Umgang dar. hk, xh (Quellen: Richard Rhodes „Arsenals of Folly“, Dirk Ulrich Kaufmann)

Bearbeitungsstand: Juni 2016

» Chronik des Jahres 1986

 

Bild oben: Präsident Reagan begrüßt Generalsekretär Gorbatschow vor dem Hofdi Haus, Island, Foto: Reagan Library

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