Atomwaffen A-Z

SS-4 bis SS-27

SS-4
Die SS-4 war eine mit Flüssigtreibstoff angetriebene ballistische Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite von bis zu 1900 km. Beginnend ab 1959 wurden insgesamt 733 (SS-4 und SS-5) Raketen in der westlichen und südlichen Sowjetunion stationiert. Da sie nicht die erforderliche Reichweite besaß, um Ziele in den USA bekämpfen zu können, war sie gegen Ziele in Europa und China gerichtet, vorrangig auf Städte und Industrieanlagen. Jeder Flugkörper trug einen Gefechtskopf mit einer Sprengkraft von etwa einer Megatonne (MT). Die hohe Vernichtungskraft diente als Kompensation für die äußerst ungenaue Treffsicherheit der SS-4. Ihre Reaktionszeit war lang, da ein Tag oder mehr benötigt wurde, um den Flugkörper zu betanken.

SS-5
Die SS-5 war eine mit Flüssigtreibstoff angetriebene ballistische Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite bis zu 4100 km. Beginnend ab 1959 wurden insgesamt 733 (SS-4 und SS-5) Raketen in der westlichen und südlichen Sowjetunion stationiert. Da sie nicht die erforderliche Reichweite besaß, um Ziele in den USA bekämpfen zu können, war sie gegen Ziele in Europa und China gerichtet, vorrangig auf Städte und Industrieanlagen. Jeder Flugkörper trug einen Gefechtskopf mit einer Sprengkraft von etwa einer Megatonne (MT). Die hohe Vernichtungskraft diente als Kompensation für die äußerst ungenaue Treffsicherheit der SS-5. Ihre Reaktionszeit war lang, da ein Tag oder mehr benötigt wurde, um den Flugkörper zu betanken.

SS-6
Die SS-6 war der erste sowjetische Flugkörper mit interkontinentaler Reichweite. Im Sommer 1957 gab die Sowjetunion bekannt, dass sie mit Erfolg einen „interkontinentalen, mehrstufigen ballistischen Flugkörper mit übergroßer Reichweite“ getestet habe. (Er wurde NATO-intern SS-6 genannt.) Der erfolgreiche Test bedeutete, dass die Sowjetunion auf dem Gebiet der Interkontinentalraketen einen bedeutenden Vorsprung gegenüber den USA gewonnen hatte. Erst 1959 konnten die USA einen gleichwertigen interkontinentalen ballistischen Flugkörper zum Einsatz bringen.

SS-7
Die SS-7 Saddler war die erste massengefertigte Interkontinentalrakete der UdSSR. Sie wurde ab 1957 entwickelt. Der Bestand betrug maximal 202 Stück im Jahre 1965. Im Rahmen des SALT-I-Abkommens wurde die Rakete außer Dienst gestellt. Die Rakete war über 30 Meter lang, hatte einen Durchmesser von drei Metern und wog 141 Tonnen. Als Brennstoff wurde Flüssigtreibstoff verwendet. Sie konnte Nuklearsprengköpfe mit einer Sprengkraft von drei bis sechs Megatonnen 11.000 bis 13.000 km weit tragen. Die Raketen wurden in Hangars gelagert und konnten binnen drei Stunden in Stellung gebracht und befüllt werden. In befüllter Bereitschaft stehend, konnte der Start nach 20 Minuten erfolgen. Durch ihre hohe Reichweite war die SS-7 dazu in der Lage, jede Stadt in den USA treffen zu können, vorausgesetzt die Rakete überflöge dabei den Nordpol. Ihre Treffergenauigkeit (CEP) lag bei 50% innerhalb eines 2.700 m Radius. Während die erste Stufe quasi ausschließlich ballistisch in Richtung Ziel befördert wurde, steuerte ein bordeigenes Flugleitsystem die zweite Stufe, zusätzlich waren bodenkontrollierte Korrekturen der Flugbahn möglich. Insgesamt wurden drei verschiedene Varianten der R-16 (russische Bezeichnung der SS-7) gebaut, mit unterschiedlicher Beladung und Reichweite.

SS-9
Die SS-9 Scarp war eine sowjetische, silo-basierte, ballistische Interkontinentalrakete. Sie gehörte zur dritten Generation sowjetischer ICBMs. Vermutlich war die Rakete ursprünglich für den Angriff auf große Zivilobjekte konzipiert worden, während spätere Versionen für die Zerstörung US-amerikanischer Minuteman-Silos geplant waren. Die Reichweite erlaubte es, jedes Ziel innerhalb der USA und Europas von sicheren Basen in Russland aus zu erreichen. Als Treibstoff verwendete die SS-9 lagerfähigen Flüssigtreibstoff.
Es gab vier Versionen der SS-9:

  • Modell 1: mit einem nuklearen Standard-Gefechtskopf (8K67)
  • Modell 2: mit einem Gefechtskopf von doppelter Stärke wie Modell 1 (mit dem Ziel, die Startsilos der USA trotz mangelnder Treffgenauigkeit zu zerstören)
  • Modell 3: Hier wurde erstmals das FOBS-System angewendet (engl. Fractional Orbital Bombardment System), das es der Sowjetunion ermöglichte, die USA über den Südpol anzugreifen und so die Radar-Warnkette in Nordeuropa und den USA zu umgehen. Dazu wurde der Gefechtkopf auf eine niedrige Erdumlaufbahn gebracht, von wo aus er jeden Punkt der Erde erreichen konnte. Vor dem Zielgebiet musste er lediglich durch Bremsraketen zum Verlassen des Orbit gebracht werden.
  • Modell 4: verwendete 3 getrennte Gefechtsköpfe (engl. Multiple Reentry Vehicles (MRV)), gelenkt durch ein gemeinsames Steuerungssystem, um der möglichen Raketenabwehr in der Endphase zu entgehen.

Alle Versionen waren zweistufige Flüssigtreibstoff-Raketen und wurden aus Silos gestartet. Die Entwicklung begann 1962. Modell 1 und 2 wurden 1967 und Modell 3 und 4 1968 in Dienst gestellt. 1971 waren maximal 255 Raketen der Modelle 1 bis 3 stationiert. Von Modell 4 waren 1973 100 Stück verfügbar. 1979 wurden alle Raketen bis auf Modell 3 außer Dienst gestellt. Modell 3 fiel dann unter das SALT-II-Abkommen. Die letzte Rakete wurde 1983 aus dem Startsilo entfernt. Das Nachfolgemodell der SS-9 war die spätere SS-18 Satan.

SS-11
Sowjetischer bodengestützter interkontinentaler ballistischer Flugkörper mit einer maximalen Reichweite von 10500 km, der erstmals 1966 stationiert wurde. In den frühen siebziger Jahren wurden insgesamt 120 Systeme sowohl in Stellungen für ballistische Flugkörper von großer (IRBM) als auch von mittlerer (MRBM) Reichweite aufgestellt.

SS-16
Sowjetischer leichter, mobiler bodengestützter interkontinentaler Flugkörper, der in den frühen siebziger Jahren vom Versuchszentrum Plesetsk aus erstmalig flugerprobt wurde. Das System besaß nur einen Träger mit Teilorbitalbahn und drei unabhängig voneinander in verschiedene Ziele lenkbare Reentry Vehicles (RV) mit einstellbarer Sprengkraft bis maximal 170 KT.

SS-18
Die SS-18 Satan ist eine russische ballistische Interkontinentalrakete Sie entstand als Nachfolgesystem der SS-9 Scarp. Das neue System wurde zur Bekämpfung von verbunkerten Zielen, wie Raketensilos konzipiert. Mit der SS-18 lassen sich sämtliche strategische Ziele, wie gehärtete Raketensilos und unterirdische Kommandobunker bekämpfen. Insgesamt wurden 380 Systeme hergestellt. Sämtliche Raketen wurden in speziellen Silos stationiert. In der ehemaligen UdSSR gab es folgende SS-18 Standorte:
Aleisk (30 Silos), Imeni Gastello (52 Silos), Dombarowski (64 Silos), Kartaly (46 Silos), Uschur (64 Silos), Zhangiz Tobe (52 Silos).

Die SS-18 wurde wiederholt der aktuellen Bedrohungslage angepasst. Es wurden die folgenden Varianten entwickelt:

  • SS-18 Satan 1 mit einem Multimegatonnen-Sprengkopf und einer Reichweite von 11200 km
  • SS-18 Satan 2 mit 8 MIRV Sprengköpfen und einer Reichweite von 10200 km
  • SS-18 Satan 3 mit 8 MRIV Sprengköpfen und einer Reichweite von 16000 km
  • SS-18 Satan 4 mit 10 MIRV Sprengköpfen und einer Reichweite von 11000 km
  • SS-18 Satan 5/6 mit 10 MIRV Sprengköpfen und einer Reichweite von 11000 km

Alle Versionen waren zweistufige Flüssigtreibstoff-Raketen. Die MIRV Sprengköpfe sind auf einem sog. Post-Boost-Vehicle (PBV) montiert. Die Steuerung der SS-18 erfolgt mittels Trägheitsnavigation. Es wird eine CEP von 250-500 m (je nach Version) erreicht. Die Lenkwaffen werden aus speziellen gepanzerten Silos gestartet.

Die SS-18 SATAN bildete währen den 80er und 90er Jahren das Rückgrat der russischen Nuklearstreitkräfte. Zurzeit (August 2006) besitzen die russischen Streitkräfte noch 74 SS-18 Systeme.

Im November 2006 erklärte der Kommandeur der russischen Raketenstreitkräfte, Generaloberst Nikolai Solowzew laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax, die Interkontinentalraketen des Typs SS-18 sollten statt der früher geplanten 15 Jahre bis zu 25 Jahre in Dienst bleiben. Vermutlich verfügt Russland derzeit nicht über genügend Geld, um seine Interkontinentalraketen zu erneuern.

SS-20
Seit 1977 dislozierte sowjetische Mittelstreckenrakete mit einer maximalen Reichweite von ca. 5700 km (IRBM). Die SS-20 war mit unabhängig voneinander steuerbaren Dreifachsprengkörpern ausgestattet. Auf Grund ihrer, im Vergleich zur SS-4 und SS-5 höheren Treffgenauigkeit (CEP 300 Meter) war sie mit Sprengköpfen geringerer Vernichtungskraft von maximal 150 KT ausgestattet. Der Flugkörper war 10,5 m lang und hatte einen Durchmesser von 1,4 m. Die SS-20 war nicht in verbunkerten Stellungen untergebracht, sondern beweglich auf Fahrzeugen montiert. Die Abschussvorrichtungen waren nachladefähig. Die Ausstattung mit Feststofftriebwerken ermöglichte eine kurze Reaktionszeit. Die Mehrzahl der Stellungen für die SS-20 lag in den westlichen Militärdistrikten gegenüber der NATO und im Fernen Osten gegenüber China und Japan. Wenigstens zwei Drittel der Stellungen lagen so, dass von ihnen aus Ziele in Europa bekämpft werden konnten.

SS-21
Sowjetischer Boden-Boden-Flugkörper (Surf-to-surf missile = SSM) mit einer Reichweite von 65 bis 120 km. Er wurde 1978 eingeführt und ersetzte das 1965 in Dienst gestellte System FROG 7, dessen Reichweite nur zwischen 16 und 70 km lag. Die SS-21 konnte einen nuklearen Gefechtskopf im KT-Bereich tragen. Sie war auch als Träger für chemische Waffen geeignet.

SS-22
Sowjetischer Boden-Boden-Flugkörper (Surf-to-surf missile = SSM) mit einer Reichweite von 540 bis 1000 km. Er wurde 1979 eingeführt und ersetzte das 1969 in Dienst gestellte System SS-12, dessen Reichweite nur zwischen 490 und 900 km lag. Die SS-22 konnte einen nuklearen Gefechtskopf im KT-Bereich tragen.

SS-23
Sowjetischer Boden-Boden-Flugkörper (Surf-to-surf missile = SSM) mit einer Reichweite von 190 bis 550 km. Er wurde 1979/80 eingeführt und ersetzte das 1965 in Dienst gestellte System SS-1 Scud A, dessen Reichweite 150 km betrug, und das 1965 in Dienst gestellte System SS-1c Scud B mit einer Reichweite zwischen 160 und 300 km. Die SS-23 konnte einen nuklearen Gefechtskopf im KT-Bereich tragen. Sie war auch als Träger für chemische Waffen geeignet.

SS-24
Die SS-24 Scalpel ist eine Interkontinentalrakete der russischen Streitkräfte. Die Entwicklung und Produktion der Rakete begann noch in der Zeit vor 1991 in der damaligen Sowjetunion.

Es handelt sich um eine dreistufige Feststoffrakete mit einem Mehrfachsprengkopf (MIRV) von 10 Sprengköpfen mit je 550 KT Sprengkraft. Die Rakete existiert in zwei Versionen, die sich durch die Art der Abschussbasis unterscheiden. Die Rakete kann je nach Version von einem Silo oder einem mobilen Schienenfahrzeug aus abgeschossen werden. Bei der mobilen Version befindet sich die Rakete in einem Transport-Abschuss-Kanister, der zum Abschuss auf einen dafür vorgesehenen Eisenbahnwagon in eine vertikale Position gebracht wird. Die mobile Version der Rakete wird mittels eines Gasgenerators mit Festtreibstoff gestartet.

Die erste Stufe der silogestützten Version benutzt eine rotierende Düse, während die mobile Version eine feste Düse hat, die teilweise in der Brennkammer des Motors angesiedelt ist. Die Triebwerke der zweiten und dritten Stufe benutzen eine während des Fluges ausziehbare Düse, um den Schub des Motors zu erhöhen, ohne die allgemeinen Abmessungen der Rakete vergrößern zu müssen. Die Rakete wird in der ersten Stufe durch die Schwenkung der Düse während des Fluges gesteuert. Die zweite und dritte Stufe benutzen aerodynamische Schaufeln zur Steuerung. Bei beiden Versionen dient ein an einen digitalen Computer gekoppeltes Trägheitsnavigationssystem zur Navigation. Die 10 Sprengköpfe haben jeweils ein eigenes Antriebssystem und Lenkungs-/Kontrollsystem.

Geschichte
Die SS-24 wurde in der Sowjetunion in der Zeit des Kalten Krieges entwickelt mit dem Ziel über eine Feststoffinterkontinentalrakete mit unterschiedlichen Abschussmöglichkeiten zu verfügen. Es waren drei Varianten geplant, von denen jedoch nur die Abschussvariante von einem Raketensilo aus sowie die mobile Variante auf einem Eisenbahnwagon verwirklicht wurden. Eine weitere mobile Version mit einem Straßenfahrzeug als Abschussbasis wurde nicht umgesetzt. Die mobile Variante sollte der gegnerischen Aufklärung erschweren, die Raketenabschussbasen zu lokalisieren und zu verfolgen. Die SS-24 löste die veraltete nicht mobile SS-19 ab und war das sowjetische Gegenstück zur US-amerikanischen Peacekeeper-Rakete.

Ab 1987 begann die Indienststellung der SS-24. Der Großteil der beteiligten Produktionsbetriebe befand sich in der heutigen Ukraine. Dies führte nach dem Zerfall der Sowjetunion zur Einstellung der Produktion dieses Raketentyps. Zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs der Sowjetunion waren 92 Raketen einsatzbereit, davon waren 56 in Raketensilo stationiert. 46 der stationären Raketen waren bis zu ihrer Abrüstung Mitte 1996 in der Ukraine stationiert. Die restlichen 46 Raketen sind in Russland stationiert. Es war geplant, die SS-24 im Rahmen des START-II (Strategic Arms Reduction Treaty) aus dem aktiven Dienst zu entfernen. Nachdem sich jedoch die Bush-Regierung dem START-II-Vertrag nicht mehr verpflichtet sah und zu bilateralen Abmachungen tendiert, hat Russland 2002 erklärt, eine Division der mobilen SS-24 behalten zu wollen.

SS-25
Die SS-25 Topol wurde als kostengünstiges, mobiles und schwer lokalisierbares ICBM-System konzipiert. Im Jahre 1977 begann man mit der Systementwicklung. Da der SALT-II-Vertrag eine Neukonstruktion von ICBM's verbot, deklarierte die Sowjetunion das SS-25 System als eine Weiterentwicklung der SS-13 Savage. Aus Kostengründen griffen die Entwickler auf den Entwurf der SS-16 Sinner zurück. Die SS-25 verwendet u.a. die ersten beiden Raketenstufen der SS-16, ist aber mit einem neu entwickelten PBV (Post Boost Vehicle) bestückt. Das neue PBV enthält eine neu entwickelte Navigations- und Steuereinheit sowie einen neu konstruierten Nuklearsprengkopf. Es wurden zwei unterschiedliche Versionen entwickelt, eine stationäre, silogebundene Ausführung und eine mobile, fahrzeuggebunde Ausführung.

Die ersten SS-25 wurden ab dem Jahre 1988 bei den Sowjetischen Raketentruppen eingeführt. Die Lenkwaffen sind an 9 verschiedenen Orten in ehemaligen SS-13, SS-17 und SS-20 Silos stationiert. Das mobile System ist auf einem geländegängigen LKW untergebracht und verlegbar.

Die SS-25 verwendet einen dreistufigen Raketenmotor, der anders als frühere ICBMs mit Feststoff arbeitet. Erst damit ist der Einsatz und Start unabhängig von einer permanenten Basis möglich, die bei Flüssigbrennstoff unabdingbar war.

Mit dem mobilen System können die Raketen direkt in der Basis, auf der Straße oder irgendwo im Gelände gestartet werden. Das mobile System ist schnell verlegbar und schwierig zu lokalisieren. Somit ist eine präventive Zerstörung nur schwierig realisierbar.

Es wird eine minimale Reaktionszeit von wenigen Minuten erreicht. Die Rakete ist mit einem nuklearen Sprengkopf mit einer Sprengleistung von 550 KT bestückt. Die Steuerung erfolgt mittels einer inertialen Trägheitsnavigations-Plattform. Mit diesem System wird eine Treffergenauigkeit (CEP) von 200-500 m erreicht (je nach Schussdistanz).

Um Abwehrmaßnamen durch Abfangraketen zu erschweren, werden mit dem loslösen des Sprengkopfes auch drei Täuschkörper freigesetzt. Mit der SS-25 lassen sich sämtliche strategischen Ziele, wie gehärtete Raketensilos und unterirdische Kommandobunker, bekämpfen. Insgesamt wurden 360 Systeme hergestellt. Mittlerweilen haben die Lenkwaffen das Ende ihrer Lebenszeit erreicht. Es ist geplant, sämtliche Systeme bis zum Jahr 2010 auszumustern.

SS-26 Stone (Iskander)
Bei der SS-26 Stone handelt es sich um eine russische ballistische Boden-Boden-Rakete. Sie gehört zur Klasse der Kurzstreckenraketen (SRBM) mit einer Flugweite von 70 bis 280 km. Mitte der 1980er Jahre begann die Planung für ein Nachfolgesystem der SS-1B/C Scud und SS-23 Spider. 1996 wurden die ersten Teststarts durchgeführt. Ab 2005 begann die Auslieferung an die russischen Raketeneinheiten.

Bis heute stellt die SS-26 den aktuellen Stand der russischen Kurzstreckenraketen dar. Sie ist 7,28 m lang, wiegt ca. 4,6 Tonnen und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 6,3 bis 7,8 Mach. Das System ist auf einem geländegängigen Startfahrzeug vom Typ 9P71 montiert. Jedes Fahrzeug ist mit zwei Raketen beladen, die beide innerhalb von 40 Sekunden abgefeuert werden können. Ein Trägheitsnavigationssystem und ein Satellitennavigationssystem stellen sicher, dass eine extrem geringe Zielabweichung (CEP) von nur 30 bis 70 m auftritt.

Für den Einsatz stehen sowohl konventionelle als auch nukleare Sprengköpfe zur Verfügung:

  • Splittergefechtskopf 
  • Penetrations-Gefechtskopf gegen verbunkerte Anlagen 
  • Bomblets mit Splitterwirkung 
  • Bomblets mit Brandwirkung 
  • Panzerminen zur Fernverminung 
  • Fuel-Air-Explosive (FAE) 
  • Selbstzielsuchende (intelligente) SPBE-D-Submunition zur Panzerbekämpfung 
  • AA-86 Nuklearsprengkopf mit einer variablen Sprengleistung von 5 bis 50 KT. 
  • AA-92 Nuklearsprengkopf mit einer variablen Sprengleistung von 100 bis 200 KT. 
  • Nicht-nuklearer EMP-Sprengkopf (electromagnetic pulse)

Ende 2013 standen den russischen Raketentruppen insgesamt vier SS-26-Brigaden mit je 12 Startfahrzeugen zur Verfügung. Damit können maximal 96 Flugkörper für den unmittelbaren Einsatz bereitgehalten werden. Bis Ende 2015 sollen weitere 12 Systeme an die Truppe übergeben werden. (LL)    

SS-27
Die SS-27 ist eine Weiterentwicklung der SS-25. Das System entstand als Reaktion auf die US-amerikanischen Pläne zum Aufbau eines Raketenabwehrschildes (NMD). Im Jahre 1991 begann man mit der Systementwicklung. Die SS-27 wurde erstmals mit zwei Raketen im Dezember 1997 bei den russischen Streitkräften im Gebiet Saratow eingeführt. Die neue Variante mit der mobilen Abschussrampe wurde im Dezember 2006 eingeführt.

Technik
Die SS-27 benutzt einen dreistufigen Raketenmotor, der anders als frühere ICBMs mit Feststoff angetrieben wird. Erst damit ist der Einsatz und Start unabhängig von einer permanenten Basis möglich, die bei Flüssigbrennstoff unabdingbar war.

Das mobile System ist auf einem geländegängigen LKW untergebracht und damit schnell verlegbar und schwierig zu lokalisieren; eine präventive Zerstörung ist demnach nicht zuverlässig möglich. Jedes Fahrzeug ist mit einem Flugkörper bestückt.

Die Rakete ist mit einem nuklearen MARV-Sprengkopf mit einer Sprengkraft von 550 KT ausgestattet. Die Steuerung erfolgt mittels einer Trägheitsnavigations-Plattform sowie eines Satellitennavigationssystem. Mit diesen beiden Systemen soll eine Treffergenauigkeit (CEP) unter 350 m erreichbar sein. Der Gefechtskopf der Rakete ist in der Lage, nach dem Start von einer ballistischen in eine semiballistische Flugbahn zu wechseln; dadurch ist es Raketenabwehrsystemen nur sehr schwer möglich, den Flugkörper zu zerstören.

Mit der SS-27 sollen sich sämtliche strategischen Ziele, wie gehärtete Raketensilos und unterirdische Kommandobunker, bekämpfen lassen. Im August 2006 verfügten die russischen Streitkräfte über 42 SS-27 Systeme in fünf Regimentern der Strategischen Raketentruppen. Es ist geplant, bis zum Jahr 2015 insgesamt 70 Systeme zu beschaffen, um die älteren SS-18 Raketen vollständig abzulösen.

(Quellen: Apel u.a., Hrsg.: Sicherheitspolitik contra Frieden?, Bonn 1981, S. 218f.;
globalsecurity.org; JANE'S STRATEGIC WEAPON SYSTEMS Edition 2005 Jane's Verlag; Neuman: Kernwaffen in Europa, Bonn 1982, S. 126-131; Russian Strategic Nuclear Forces by Frank von Hippel, Pavel Podvig)

Bearbeitungsstand: März 2007

siehe auch: Ballistische Rakete
siehe auch: Circular error probable
siehe auch: Gefechtskopf
siehe auch: Interkontinentalrakete
siehe auch: IRBM
siehe auch: Mittelstreckenrakete
siehe auch: MRBM
siehe auch: MT (Megatonne)

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