Die MGM-31B Pershing II war eine landgestützte mobile Mittelstreckenrakete der USA. Die ballistische Rakete wurde über ein zweistufiges Feststofftriebwerk angetrieben und verfügte über einen atomaren Gefechtskopf vom Typ W85. Der nukleare Gefechtskopf hatte eine variable Sprengkraft von 5 bis 80 Kilotonnen (KT). Die 10,5 Meter lange Rakete hatte ein Gewicht von 7.400 Kilogramm und eine Reichweite von 1.700 Kilometer. Diese Reichweite erlaubte einen Angriff aus Westeuropa bis ins russische Territorium. Das Vorgängermodell – die Pershing 1A – konnte nur Ziele in westlich von Russland gelegenen-Staaten erreichen. Weitere neue Merkmale waren ein Lenkungssystem, das mittels Radar die Geländekontur des Ziels gegen vorgegebene Referenzpunkte abglich, sowie ein manövrierbarer Wiedereintrittskörper, die eine hohe Genauigkeit erlaubten. Das System hatte einen Streukreisradius (CEP) von 30 Metern.

Als Antwort auf die Stationierung von SS-20-Raketen durch die Sowjetunion wurden nach dem NATO-Doppelbeschluss ab Dezember 1983 insgesamt 120 Pershing-II-Raketen in der Bundesrepublik Deutschland stationiert. Dabei handelte es sich um 108 Einsatzraketen mit atomaren Sprengköpfen und weiteren 12 Trainingsraketen für Ausbildungs- und Übungszwecke, die nicht verschossen werden konnten. Zunächst wurden alle Raketen nach Mutlangen gebracht und dann an die drei Einsatzorte Heilbronn, Inneringen, und Kettershausen (alle in Baden-Württemberg) verlegt, wo jeweils 36 Raketen stationiert wurden.

Die Entscheidung, Pershing-II-Raketen in der BRD zu stationieren, löste große Befürchtungen in der Bevölkerung aus. Durch die größere Reichweite und hohe Genauigkeit lieferten die Raketen zum ersten Mal die Möglichkeit, einen Atomkrieg zu führen und eventuell durch einen Enthauptungsschlag zu gewinnen, meinten die Kritiker*innen der Stationierung. Es entstand eine Massenbewegung, und es fanden 1981-1984 große Demonstrationen statt. Auch in den USA gab es viel Protest.

Als Ergebnis des 1987 zwischen den USA und der Sowjetunion abgeschlossenen INF-Vertrages wurden alle Pershing-II-Raketen aus Europa abgezogen und bis Mai 1991 zerstört. Der Gefechtskopf W85 fiel nicht unter die Abrüstungsvereinbarungen des INF-Vertrages. Er wurde umgestaltet und in die Atombomben vom Typ B61 integriert. xh/rh

Bearbeitungsstand: Dezember 2023

► Weitere Informationen zum Atomwaffenstaat USA

Quellen:
CSIS: Pershing 2, Missiles of the World, the United States, 02.08.2021
Federation of Atomic Scientists: Pershing 2, 02.06.1997