Perimetr-System (Tote Hand)
engl.: Perimeter oder "Dead Hand"
Das „Perimetr“-System wurde während der Zeit des Kalten Krieges in der damaligen Sowjetunion als Führungssystem für die eigenen Atomstreitkräfte installiert, um im Falle eines durch die USA ausgelösten nuklearen Enthauptungsschlages noch rechtzeitig einen entsprechenden automatischen Vergeltungsschlag auslösen zu können. Dieses System hat Russland nach dem Kollaps der Sowjetunion übernommen, und es funktioniert laut hoher Militärs in Russland noch heute.
Dieses System erhielt den Decknamen „Tote Hand“, weil es ermöglichen sollte, dass die Sowjetunion auch nach dem Tod der politischen Führung weiterhin zurückschlagen kann. Zu diesem Zweck entwickelte die Sowjetunion in den 1980er-Jahren eine neue Generation U-Boot-gestützter, ballistischer Atomraketen (SLBM). Dieses ̶ wenn unter Wasser ̶ praktisch unverwundbaren Raketensystem zielte primär auf die Bevölkerungszentren in den USA.
Das System registriert ununterbrochen Änderungen auf dem gesamten Territorium, u. a. die Erhöhung von Radioaktivität und Temperatur sowie seismische Veränderungen, die auf nukleare Detonationen hinweisen. Sobald diese festgestellt werden, werden Anfragen an den Generalstab der Armee und den Befehlsstand der strategischen Raketen gesendet. Wenn keine Antwort von diesen Stellen registriert wird, kann das System selbst den Start der Raketen auf den U-Booten auslösen, ohne von der politischen oder militärischen Führung den Befehl zu bekommen. Laut Podwig ist das System inzwischen nicht mehr voll automatisiert und braucht lebende Menschen, um den Startbefehl zu bestätigen.
Die erforderlichen Kommandostrukturen befinden sich in unterirdischen Bunkeranlagen im Großraum Moskau. In Friedenszeiten sollte die Verbindung zwischen dem Atomkoffer und dem Befehlssystem unterbrochen sein, sodass eine unabsichtliche Auslösung der Atomwaffen nicht möglich wäre. Nach dem „vorbereitenden Befehl“ (prelimary command), wird diese Verbindung wieder hergestellt und der Startbefehl kann ab diesem Moment übermittelt werden. Allerdings soll das Perimetr-System immer noch funktionieren, auch wenn der vorbereitende Befehl noch nicht erfolgt ist, wenn es nukleare Detonationen registriert.
Das Ziel des Systems ist die Abschreckung. Die Ankündigung des russischen Präsidenten am 25. Februar 2022, er habe die Abschreckungskräfte in Kampfbereitschaft gestellt, könnte bedeuten, dass er das System wieder mit dem Atomkoffer verbunden hat. Damit könnte er ein Signal an die USA senden wollen, dass ein Enthauptungsschlag sinnlos sei, da Perimetr auch nach seinem Tod die Atomwaffen starten kann. xh
Bearbeitungsstand: März 2022
Quellen:
Chrolenko A: „Perimetr“: so funktioniert Russlands System zum atomaren Gegenschlag, Sputnik News (Wayback Machine), 21.08.2017
Hoffman DE: Valery Yarynich, the man who told of the Soviets' doomsday machine, Washington Post, 20.12.2012
Podvig P: No gaps in early-warning coverage as three radars to being combat duty in 2017, Russian Strategic Nuclear Forces, 16.12.2016
Sarcasticus: Dead Hand 2.0, Das Blättchen, 25.11.2019
Thompson N: Inside the Apocalyptic Soviet Doomsday Machine, Wired, 21.09, 2009