Atomwaffen A-Z

Starfighter F-104

engl.: Starfighter F 104

Die F-104 entstand 1954 als leichter Schönwetter-Abfangjäger unter Berücksichtigung der im Koreakrieg (1950-1953) gesammelten Einsatzerfahrungen.

Das Bundesverteidigungs-ministerium wählte 1959 die F-104G als Standard-Kampfflugzeug aus. Ihre Einsatzaufgaben als Jagdbomber, Abfangjäger und Aufklärer unter schlechten Witterungsbedingungen und im Tiefflug erforderten umfangreiche Änderungen der Ausrüstung, Zellenstruktur und des Ausbildungskonzepts. Die Bundeswehr setzte den atomwaffenfähigen Starfighter als Jagdbomber in den Jagdbombergeschwadern 31 (Nörvenich), 32 (Lechfeld), 33 (Büchel), 34 (Memmingen) und 36 (Hopsten) sowie zur Seezielbekämpfung in den Marinefliegergeschwadern 1 (Jagel) und 2 (Eggebek) ein.

Die atomare Bombenlast der deutschen Starfighter - jeder Sprengkörper wog 910 Kilogramm und verfügte etwa über die fünfzigfache Vernichtungsgewalt der Hiroshima-Bombe - entstammt den Arsenalen der US-Armee. Bei jedem der fünf »F-104-Jagdbomber-Geschwader standen zu jeder Stunde sechs atomar bewaffnete. Starfighter voll getankt und mit vorgewärmter Elektronik bereit, innerhalb von spätestens 17 Minuten von der Piste abzuheben (»Quick Reaction Alert«).

Die atomare Bewaffnung der deutschen Starfighter bestand anfangs aus der Mk.28 Atombombe. Es handelte sich dabei um die erste amerikanische Waffe dieser Art. Nach einem Baukastenprinzip konnte diese Waffe in 5 verschiedenen Abwurfvarianten zusammengesetzt werden, um verschiedenen Trägersystemen gerecht zu werden. Bei der Version für die F-104G handelte es sich um die Version Mk.28 FUFO, die den gebremsten Abwurf von schnellen Jet's im Tiefflug erlaubte und weiter über eine Sprengkraft von 1100 Kilotonnen (KT) verfügte. Die Abwurfhöhe lag zwischen 91 und 183 Metern.

Diese Version wurde ab 1968 von der Mk.43 Atombombe des Tactical Air Command abgelöst. Die Waffe verfügte über ein Gewicht von knapp 1000 kg und einer unveränderlichen Sprengwirkung von 1 Megatonne (MT). Sie war als Außenlast speziell für den Abwurf von schnell und tieffliegenden Jagdbombern entwickelt worden.

Die Ausbildung in den einzelnen Abwurfverfahren erfolgte mit der Übungsbombe MK-106, die von den Abwurfbehältern / Übungsbombenträgern getragen wurden. Diese amerikanische Übungsbombe wurde etwa ab 1975 von der DM18 aus deutscher Produktion abgelöst. Erst wenn der Pilot sich in allen Verfahren qualifiziert hatte, erhielt er die Möglichkeit die Profilübungsbombe BDU-8/B/BDU-12B (Bomb Dummy Unit) bei einem Übungseinsatz auf dem NATO-Schießplatz Decimomannu (Deci) abzuwerfen.

Ständige Weiterentwicklungen und Erprobungen fügte als Ergänzung ab 1968 die Mk.57 Atombombe mit einer vergleichsweise minimalen Sprengkraft von 5-20 KT dem A-Waffenarsenal der deutschen "F-104" hinzu.

Ab dem Jahr 1975 wurde die Version Mk.43 von der Mk/B 61 Abwurfwaffe abgelöst. Dies war eine optimierte und fortschrittlichere Bombe für den Abwurf von schnell und unter 90 Metern fliegenden Kampfflugzeugen, zu denen die F-104G gehörte, und als Mehrzweckwaffe für taktische und strategische Einsätze gedacht.

Der Einsatz der mit A-Waffen beladenen Starfighter war nur möglich, wenn die Bomben zuvor vom amerikanischen Personal geschärft worden waren. Das geschah erst unmittelbar vor dem befohlenen Einsatz. War der Kode an der Bombe von den Amerikanern nicht korrekt eingestellt, konnte diese nicht zum Einsatz gebracht werden.(Rolf Ferch: www.rolfferch.de/F104G/html/strikebeladeschema.html)

Zwei Ziele für den Atombombenabwurf hatte jeder alarmbereite Starfighter-Pilot im Kopf. In 40stündiger Klausur musste er sich die Anflugwege, Flughöhen, Zwischenzeiten für Kursänderungen und das Geländebild der Strecke dorthin einprägen; unmittelbar vor dem Einsatz wurde ihm das endgültige Ziel genannt. Wie bei allen Düsenflugzeugen, so war auch beim Starfighter die Reichweite umso kürzer, je länger das Flugzeug bei seinem Einsatz im Tiefflug operierte. Je tiefer es flog, umso mehr Treibstoff verbrauchten seine Triebwerke. Andererseits musste es so niedrig wie möglich durch Täler und Niederungen, über Hügel und Baumwipfel dahinrasen, wenn es der feindlichen Radarortung entgehen wollte. Flog der Atombomber sein Ziel zunächst in großer Höhe und erst auf den letzten 200 Kilometern über Feindland im Tiefflug an und kehrte er auf die gleiche Weise zurück, so konnte er, mit Zusatztanks bestückt, von Nörvenich bei Bonn bis zur polnisch-sowjetischen Grenze operieren. Reichweite: 1250 Kilometer. Wollten die Nörvenicher Bomber dagegen vom Start weg bis ans Ziel und zurück im Tiefflug den feindlichen Radarschirm unterfliegen, so reichte ihr Aktionsradius allenfalls bis Budweis, Görlitz, Frankfurt an der Oder oder Greifswald, maximal 520 Kilometer. (Quelle: Der Spiegel, 24.01.1966, S. 21)

Die Bundeswehr setzte von 1960 bis zur Ausmusterung am 22. Mai 1991 insgesamt 916 Starfighter ein; davon gingen knapp ein Drittel, nämlich 292 Maschinen, durch Unfälle verloren. Unter der Bevölkerung Deutschlands wurde der Starfighter wegen seiner Unfallgefährdung und wegen der 2.000 technischen Änderungen, als Fallfighter, Erdnagel und Witwenmacher bezeichnet.


Technische Daten

Hersteller: Lockheed Aircraft Corp., Burbank, California, USA
Lizenzbau: Messerschmitt, Dornier, Heinkel, SIAT
Baujahr: 1963
Spannweite: 6,68 m
max. Abflugmasse: 13000 kg
Höchstgeschwindigkeit: Mach 2,2 in 11000 m Höhe
Gipfelhöhe: 17680 m
Einsatzradius: 1200 km
Bewaffnung: eine Maschinenkanone Kal. 20 mm, Raketen, Bomben

Bearbeitungsstand: Oktober 2010

Atomwaffen A-Z